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: Der’s nötig hat

Auch wenn er schon einmal vor Gericht unterlegen ist: „Bild“-Chef Kai Diekmann will weiter auf keinen Fall in einem „Zeit“-Artikel auftauchen – und wird dabei auch noch vom „Zeit“-Chefredakteur unterstützt.

Man hätte meinen können, jetzt wär mal gut: Schließlich hatte sich Kai Diekmann beim Hamburger Landgericht in erster Instanz vollumfänglich eine blutige Nase geholt. Er hatte dem Medienwissenschaftler Siegfried Weischenberg untersagen lassen wollen, ihn in eine Aufzählung von Großjournalisten, die „sich inzwischen öffentlich vorführen“, einzugemeinden. Nämliches hatte Weischenberg im September 2005 in einem Beitrag für die Zeit getan.

Doch statt sich vor seinen Autoren zu stellen, passierte Erstaunliches bei der Zeit: Nicht nur entschuldigte sich Chefredakteur Giovanni di Lorenzo schriftlich beim „lieben Kai“, auch wurde Diekmanns Name aus der entsprechenden Passage der Online-Textfassung entfernt – beides übrigens lang vor dem Gerichtsurteil.

Nun hat das Gericht aber festgestellt, dass die „streitbefangenen Äußerungen“ keinesfalls das „allgemeine Persönlichkeitsrecht“ Diekmanns verletzen. Auch gebe es – anders als im Verfahren vom offenbar kamerascheuen Bild-Chef moniert – keine „unwahre Tatsachenbehauptung“, er treibe sich in Talkshows oder sonst wie im Fernsehen herum. Das Ganze sei auch nicht misszuverstehen, und deshalb, so die Urteilsbegründung, hätten „fernliegende Deutungen“ zu unterbleiben.

Doch sei’s drum: Die Zeit hat soeben Weischenbergs Anwalt mitgeteilt, dass Diekmanns Name trotz des Urteils nicht in den Text wieder aufgenommen würde. Und auch Diekmann selbst bleibt bei seiner Sicht der Dinge: Kurz vor Ablauf der entsprechenden Frist hat er Berufung gegen das Urteil eingelegt.

In Weischenbergs Zeit-Artikel ging es übrigens um seine aktuelle Untersuchung zum Selbstverständnis der JournalistInnen in Deutschland. Sie ist mittlerweile als Buch erschienen („Die Souffleure der Mediengesellschaft“, UVK Verlagsgesellschaft, 19,90 €), und das Vorwort bietet hübschen Lesestoff für die Herren Diekmann und di Lorenzo: Mancher ärgere sich, heißt es da, „dass wir das Problem der so genannten ‚Alphatiere‘ im Journalismus thematisiert haben: Protagonisten, die aus der Rolle fallen und Rudelbildung zur Durchsetzung eigener Interessen betreiben.“

Und weiter: „Gerade ‚Großjournalisten‘, die ständig kräftig austeilen, empfinden es offenbar als Majestätsbeleidigung, wenn sie selbst einmal getroffen werden. Auf Kritik reagieren sie mit Empörung. Ein Chefredakteur, der es nötig hat, begehrte sogar eine Unterlassungserklärung; diesem Ansinnen haben wir uns verweigert“. Fortsetzung folgt.

Steffen Grimberg