Statt Sex Bombe

Nordkoreas Atomtest kann für Demokraten und Republikaner gefährlich werden

Die Republikaner sehen durch den Atomtest die Bush-Analyse von der „Achse des Bösen“ bestätigt

AUS WASHINGTON ADRIENNE WOLTERSDORF

Außenpolitik, nicht nur der Sexskandal um einen republikanischen Abgeordneten, bestimmt plötzlich auch wieder den US-Wahlkampf. Nach der Nachricht vom nordkoreanischen Atomtest und der Ankündigung aus Pjöngjang, weiterer Druck aus Washington werde als „Kriegserklärung“ betrachtet, bewaffnen sich die Kandidaten für die bevorstehenden Kongresswahlen mit neuen Argumenten. Am heftigsten feuerte Senator John McCain, Republikaner aus Arizona und heiß gehandelter Präsidentschaftsanwärter für 2008. Er machte unumwunden die kompromisslerische Nordkoreapolitik des früheren US-Präsidenten Bill Clinton für die neue Bedrohung verantwortlich. Damit schoss er elegant über die Bande auf seine wahrscheinlich größte Konkurrentin, die demokratische Senatorin Hillary Rodham Clinton aus New York.

Der Schlagabtausch seit Beginn der Woche ist Ausdruck eines sich zuspitzenden Wahlkampfes, in dem die regierenden Republikaner an Boden zu verlieren scheinen. Wenige Wochen vor den Zwischenwahlen zum Kongress liegen die Demokraten mehreren Umfragen zufolge in der Wählergunst deutlich vor den Republikanern von Präsident George W. Bush – zwischen 13 und 23 Prozentpunkten. Bei einer Umfrage des Gallup-Instituts gemeinsam mit der Zeitung USA Today gaben 59 Prozent der Befragten den Demokraten den Vorzug, 36 Prozent hätten sich für die Republikaner entschieden. Vor einem Monat noch lagen beide Parteien gleichauf, mit leichtem Aufwind für die Konservativen.

Die Republikaner, die in beiden Häusern des Kongresses derzeit über die Mehrheit verfügen, sind bei ihrer christlich-konservativen Wählerschaft derzeit durch einen noch nicht entwirrten Sexskandal um den Ex-Abgeordneten Mark Foley in Verruf geraten. Gallup/USA Today gegenüber zeigten sich allerdings nur noch 37 Prozent der Befragten mit Bushs politischem Kurs einverstanden. Als einer der Hauptgründe für die schwindende Popularität des Präsidenten gilt der Irakkrieg. Die Demokraten versuchen daraus Kapital zu schlagen, ohne jedoch mit eigenen Lösungen aufwarten zu können. Die Nordkoreakrise, so die neue Strategie der Demokraten, sei eine direkte Konsequenz von George Bushs verfehlter Irakpolitik. Während er die Ressourcen in einem Land verschwende, das über keine ABC-Waffen verfüge, versage er, die drängendere Gefahr aus Pjöngjang zu unterbinden.

Im Lager der Republikaner hingegen soll Nordkoreas Atomtest nun für die Bestätigung herhalten, wie goldrichtig die Analyse der „Achse des Bösen“ schon immer war. Das Bush-Team werde daher in den verbleibenden Wochen bis zur Wahl noch mehr die Karte „Nationale Sicherheit“ spielen, als ohnehin geplant war. Analysen zeigen, dass weder die boomende Wirtschaft, geringe Arbeitslosigkeit noch der fallende Ölpreis Bush Auftrieb geben – lediglich bei Thema Sicherheit trauen die Wähler seiner Partei immer noch mehr Kompetenz zu.

Die republikanischen Parteistrategen, besorgt um ihre Lufthoheit im Kongress, drängen die wahlkämpfenden Abgeordneten daher, sich ausschließlich auf die lokalen Themen zu konzentrieren. Sie sollen die große Politik, insbesondere die Außenpolitik, den „Spin Doctors“ um Bush überlassen. Zumal der Sexskandal die öffentliche Debatte gefährlich nah an den Rand einer Wertedebatte gebracht hat – einer Ecke, aus der die Republikaner fürchten, nur schwer beschädigt herauszukommen.

Insgesamt glauben politische Beobachter in Washington, dass Nordkoreas Atomexperimente für beide Parteien negative Auswirkungen haben könnte. Für die Republikaner: Was unter anderen Umständen für sie hilfreich gewesen wäre, nämlich eine Bedrohung von außen mit einem entschlossenen Bush als Commander-in-Chief, wird durch das Debakel im Irak jedoch unterminiert. Nur noch 35 Prozent der Amerikaner sind laut Umfragen von Bushs Führungsstärke überzeugt und damit, wie er mit dem Irakproblem umgeht – die niedrigste Zustimmungsrate, die er in seiner gesamten Amtszeit je hatte.

Für die Demokraten: Auch sie könnten sich mit Nordkorea ins eigene Fleisch schneiden. Ihre Haltung, „Wir haben es ja immer gesagt“, klingt wenig überzeugend in den Ohren einer verängstigten Nation, die hören möchte, dass die „Achse des Bösen“ fest im Würgegriff des Weißen Hauses ist.

Schuld an allem, das hatten die Strategen der Republikaner gleich ausgemacht, ist die „Basketball-Diplomatie“ Clintons. Bereits am Nachmittag kursierte im Kongress ein Foto: Madeleine Albright, Clintons Außenministerin, wie sie im Jahr 2000 mit Nordkoreas Diktator Kim Jong Il Sekt trinkt – und ihm einen Basketball mit dem Autogramm von Michael Jordan überreicht!