UNTERM STRICH

2006 eskalierte in Berlin, im Stadtteil Heinersdorf, der jahrelange Streit über den Bau einer Moschee der Ahmadiyya-Gemeinde bei einer Bürgerversammlung in einer Turnhalle. Dabei war der Filmregisseur Robert Thalheim, ein Nachbar des Bauprojekts. „Da habe ich richtig gesehen, wie Pogrome entstehen können“, sagt der 35-jährige Regisseur kopfschüttelnd. „Ich fand es spannend, dass vor meiner Haustür ein religiöser Konflikt losbricht und Leute unter Polizeischutz weggebracht werden müssen.“ Diese Bilder kannte er bis dahin nur aus Fernsehberichten über den Nahen Osten.

Zusammen mit dem Autor und Journalisten Kolja Mensing schrieb er ein Theaterstück über den Konflikt, „Moschee DE“, das heute mit dem erstmals verliehenen Kulturpreis der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers ausgezeichnet wird. Thalheim und Mensing teilen sich den mit insgesamt 10.000 Euro dotierten Preis, der den Dialog zwischen Kunst und Kirche fördern soll, mit dem Verein „Kunst und Begegnung Hermannshof“ in Völksen bei Hannover. „‚Moschee DE‘ ist eine Provokation und eine konstruktive Herausforderung zugleich“, begründete die Jury aus Vertretern von Kirche und Kultur ihre Entscheidung.

Die beiden Autoren haben für ihre Bühnenfassung mehr als ein Dutzend an dem damaligen Streit Beteiligte interviewt. Aus den 350 Textseiten entstand der Stoff für das Theaterstück und für fünf Charaktere. „Die Rollen zeigen die gleichen Verhaltensmuster wie bei jedem anderen Moscheenstreit in Deutschland“, sagt Thalheim. Im Schauspiel Hannover kam „Moschee DE“ auf die Bühne und wird am 12. November wieder aufgeführt. Dem Regisseur und dem Autor ist es gelungen, einer einfachen Polarisierung entgegenzuwirken. „Ich fand es sehr spannend, die biografischen Hintergründe zu erfahren“, sagt Thalheim. Überraschenderweise habe der muslimische Konvertit der Gemeinde eine ähnlich bewegte Vergangenheit gehabt wie der Vorsitzende der Bürgerbewegung gegen den Moscheebau.