Dominikus Müller schaut sich in den Galerien von Berlin um

Mitten rein – aus dem Vollen des Berliner Alltags schöpfen: Werbezettel von Umzugsunternehmen, die sich „Hulk-“, „Real-“, „1-a-Sonnen-“ oder „-Moon-Umzüge“ nennen, Zeichnungen im Kita-Stil, von Hexen, Elefanten im Zoo oder Krippenspielen in der Schulaula, irgendwo zwischen Aquarell, Cartoon und Wachsmalkreidengekritzel, zwei seltsame Skulpturen, die genauso Umzugskarton wie naiv-unbeholfene Bundesladen sind. Und dann diese ganz fantastische Fotoserie, aufgenommen irgendwo auf den Straßen dieser Stadt: türkische Friseursalons mit Namen wie „Sultan“, hochgefotoshoppte Werbegesichter, Wasserlachen, Treppengeländer und inklusive Kleintierstreu ausgekippte Meerschweinchenleichen. Man weiß nicht ganz genau, was man damit anfangen soll, was Jonas Lipps hier in den Räumen der Galerie Klosterfelde versammelt hat, das Grundsympathielevel aber ist hoch. Die Wege sind kurz, von der Straße, aus der Kita, aus dem heimischen Briefkasten in den Ausstellungsraum.

Nur ein paar Ecken weiter, in der Galerie Tanya Leighton, ist es nicht groß anders. Dan Rees zeigt hier noch bis zum nächsten Samstag eine Ausstellung mit dem Titel „French Cricket“. Auch sie punktet mit brutal verschrobenem Humor, mit Cartooneinsprengseln – Fröschen im Gehrock etwa –, mit seltsamer Malerei in Mauerkellenspachteloptik und Wandobjekten aus Küchenarbeitsplatten oder, siehe Titel, bemalten Cricketschienbeinschonern. Irgendwo in der Ecke dreht sich auf einem alten Plattenspieler ein komisches Gebilde aus leeren Weinflaschen und Tonklumpen. Hier geht es, viel mehr als bei Lipps, um das Material, so viel ist klar. Was sie vereint, ist, dass beide die Schwelle zwischen Ausstellungraum und Straße so niedrig wie möglich halten. Was dann aber hinten rauskommt, ist so ziemlich das Artifiziellste, was man sich vorstellen kann.

■ Jonas Lipps, bis 13. November, Di–Sa, 11–18 Uhr, Klosterfelde, Potsdamer Str. 93 ■ Dan Rees: „French Cricket“, bis 6. November, Mi–Sa, 12–18 Uhr,Tanya Leighton Gallery, Kurfürstenstr. 156