Klüger werden per Mobiltelefon

MITTE Pilotprojekt bietet multimediale Führungen durch die wechselvolle Geschichte der Hackeschen Höfe

Kaum vorstellbar, dass in den Räumlichkeiten des Restaurants „Oxymoron“ in den Hackeschen Höfen einst an öligen Trabbis geschraubt wurde. Oder dass eine 100-Quadratmeter-Wohnung in dem Areal an der Rosenthaler Straße in Mitte einmal für schlappe 80 Ostmark zu bekommen war. Bis zu 1,6 Millionen Besucher durchqueren eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Berlins jährlich, doch nur die wenigsten bekommen die Gelegenheit, sich die Büroräume hinter den Jugendstilfassaden anzusehen, geschweige denn eine der zahlreichen Wohnungen.

Mit einem neuartigen Konzept wollen Karsten Ruschhaupt und Klaus Bremers von der Firma Lotsenhaus das ändern. Die zwei Entwickler, die selbst in den Höfen wohnen und arbeiten, stellen am Samstag um 11 Uhr ihr System „Pearls“ vor, das zur multimedialen Reise durch die Geschichte und Gegenwart der Hackeschen Höfe einlädt. Von der Erbauung Anfang des 20. Jahrhunderts über das jüdische Leben im Kiez bis zum Nutzungskonzept der Höfe heute können sich die Besucher in kurzen Film und Audio-Beiträgen informieren. Der Clou: Die Videos kann man sich auf dem eigenen Mobiltelefon ansehen.

Dazu wurden in jedem der sechs Innenhöfe mannshohe Glasstelen installiert, die mit so genannten Qr-Codes versehen sind – jeweils für den Beitrag in deutscher und englischer Sprache. Qr-Codes sind zweidimensionale Pixelkästchen, die sich am ehesten mit einem üblichen Strichcode vergleichen lassen. Diese werden mit der Kamera des Telefons abfotografiert und mittels eines kostenlosen Programms, das man sich aus dem Netz herunterladen muss, entschlüsselt. Die Beiträge öffnen sich direkt auf dem mobilen Endgerät. Bis auf die anfallenden Datengebühren ist der Dienst kostenlos.

Wie rechnet sich eine solche Idee? Das Pilotprojekt wurde noch von der Berliner Sparkasse finanziert, Ruschhaupt und Bremers hoffen jedoch, das System könnte zukünftig auch für Werbepartner interessant sein. Beispielsweise könnten durch Gutscheinaktionen oder vergünstigte Ticketpreise nahegelegene Cafés oder andere Dienstleister am Ende der Filmchen auf sich aufmerksam machen, erklärt Ruschhaupt. „Vor dem Reichstag könnte eine unserer Glasstelen wirklich sinnvoll sein. Dort steht immer eine lange Menschenschlange, nur um auf die Kuppel zu gehen. Unser System könnten mit interessanten Videos die Wartezeit verkürzen.“

CHRISTOPH BERGER