„Der Fischmarkt ist einfach prall!“

Das erste Buch seit 28 Jahren über ein Wahrzeichen Hamburgs: Christian Sternberg, der selbst am Fischmarkt wohnt, hat im Selbstverlag alte und neue Geschichten über die Touristenattraktion zusammengetragen

taz: Herr Sternberg, im Juli ist „Das Fischmarkt Buch“ erschienen. Warum haben Sie dieses Buch geschrieben?

Christian Sternberg: Ich bin vor zweieinhalb Jahren aus Mümmelmannsberg hierher gezogen. Ich wollte damals mehr erfahren über den neuen Stadtteil in dem ich lebe, als nur zu wissen, wo er auf dem Stadtplan liegt. Bei der Recherche zum Fischmarkt habe ich dann gemerkt, was für ein spannendes Thema das ist.

Was wollen Sie über den Fischmarkt erzählen?

Ich wollte den Fischmarkt anschaulich und lebendig mit seinen Hintergründen schildern, so wie er heute im Alltag ist. Ich habe dazu ein Jahr lang recherchiert und 20 Interviews mit Markthändlern geführt. Es sind dann 15 verschiedene Geschichten rausgekommen.

Was hat Sie bei Ihren Recherchen am meisten überrascht?

Der Fisch wird heute schon versteigert, wenn er noch auf den Trawlern liegt – über Internet. Er wird dann genau dort auf der Welt angelandet, wo der höchste Preis gezahlt wird. Dass heißt, der Fischmarkt war einmal ein Erzeugermarkt, jetzt ist er mehr ein Einzelhandelsmarkt. Dieser Entfremdungsprozess hat mich am stärksten überrascht.

Wer geht Sonntags in aller Frühe auf den Markt?

Die meisten Besucher kommen aus ganz Hamburg und wollen einfach nur einkaufen. Dieses gängige Klischee, dass alle eine Sauftour vorneweg gemacht haben, stimmt nicht. Es gehört auch dazu, aber es ist nicht der Alltag.

Was ist das Besondere an dem Angebot auf dem Markt?

Man kann hier zu jeder gewünschten Qualität etwas Günstiges finden. Wenn man sich auskennt, kann man hier saubillig einkaufen. Außerdem gibt es hier alles: Wer im Frühjahr Pflanzen für den Garten sucht, der findet hier 20 Händler, wer Fisch kaufen will, dem bieten 20-25 Verkaufsstände etwas an. Dieser Markt ist einfach unglaublich prall!

Was treibt einen Händler dazu, um zwei Uhr nachts aufzustehen und um vier Uhr an seinem Marktstand zu stehen?

Die sind alle auf dem Fischmarkt um Geld zu verdienen. Über keinen Markt in ganz Deutschland werden so viele Menschen geschleust, wie über den Hamburger Fischmarkt, da lohnt es sich als Händler dabei zu sein. Keiner verkauft hier aus purem Patriotismus.

Ihr Buch bezieht auch die Geschichte mit ein. Was war in der Vergangenheit das einschneidendste Ereignis?

Ich denke, das war die Konkurrenzsituation zwischen Hamburg und Altona am Ende des 19. Jahrhunderts, als Hamburg seine eigene Auktionshalle baute und Altona ins Hintertreffen geriet. Die Altonaer haben dann ihre eigene Fischauktionshalle gebaut, und so das Rennen für sich entschieden. Dieser Markt ist 303 Jahre alt, der hat Kriege überstanden, und was geschichtlich gewachsen ist, dass kriegst du nicht so leicht kaputt gemacht.

INTERVIEW: NILS NABER

Morgen um 19.30 Uhr liest Sternberg im Kölibri in Hamburg-St. Pauli