Schäuble beglückt reiche Gemeinden

KOMMUNEN Wolfgang Schäubles Pläne zur Finanzierung der Gemeinden sorgen für Kritik aus der Opposition und Streit in der Koalition. Die einen fürchten die Pleite der Kommunen, die anderen wollen keine Gewerbesteuer

„Wir laufen dann in einen Unterbietungswettbewerb“

ANTON SCHAAF, SPD

AUS BERLIN GORDON REPINSKI

Der Optimismus der Städtetagspräsidentin Petra Roth kannte am Freitag kaum Grenzen. „In die Debatte um die Reform der Kommunalfinanzen kommt positive Bewegung“, erklärte die Frankfurter CDU-Oberbürgermeisterin, „die Gewerbesteuer als wichtigste Steuer der Städte soll bis auf weiteres weder abgeschafft noch geschwächt werden“. Roths Fazit: „Damit berücksichtigt der Bundesfinanzminister zentrale Forderungen der Städte.“

Die Sätze der Hessin waren eine Reaktion auf die Arbeit der Gemeindefinanzkommission, die am Vortag eine Erklärung vorgelegt hatte. Demnach soll nicht nur die Gewerbesteuer beibehalten werden. Das neben kommunalen Vertretern an der Kommission beteiligte Bundesfinanzministerium erklärte sich zudem bereit, die Kommunen im Bereich der Sozialleistungen zu entlasten, „zum Beispiel bei der Grundsicherung im Alter und für dauerhaft Erwerbsgeminderte“, wie es heißt. So weit, so gut für die Kommunen.

Doch in einem weiteren Punkt droht es zumindest für die ärmeren Gemeinden ungemütlich zu werden: Denn den eigenen Anteil an Einnahmen durch die Einkommensteuer, momentan 15 Prozent, sollen die Kommunen in Zukunft innerhalb einer Bandbreite flexibel gestalten können. Offenbar eine Idee von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) selbst, der laut Erklärung „auf die damit verbundene zukunftsgerichtete Sicherung der kommunalen Einnahmebasis hinwies“.

Doch genau hier setzt die Kritik an: „Das ist absoluter Unfug“, sagte der Mülheimer SPD-Bundestagsabgeordnete Anton Schaaf der taz, „da laufen wir in einen Unterbietungswettbewerb bei der Einkommensteuer“. Und der Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Axel Troost, sagte: „Schäubles Vorschlag ist ein vergiftetes Geschenk und in keiner Weise dazu geeignet, die Finanznot der Kommunen zu beenden.“

Tatsächlich wären so gerade die ärmeren Kommunen gezwungen, um Einnahmen zu erhalten, die Steuern anzuheben – was zur Folge hätte, dass sich zunehmend EinwohnerInnen nach einem Wohnsitz in einer Nachbargemeinde mit niedrigerem Steuersatz umschauen dürften. „Strukturell benachteiligt dies die großen Städte mit vielen Sozialleistungen“, so SPD-Mann Schaaf. Das Finanzministerium gab sich am Freitag unbeirrt. Man wolle „die kommunale Selbstverwaltung stärken“, sagte ein Sprecher in Berlin, „wir sind auf der Suche nach einer einvernehmlichen Lösung mit den Kommunen“.

In dieser Suche tut sich allerdings schon das nächste Problem auf; es gibt möglicherweise sogar einen handfesten Streit innerhalb der Koalition: Die FDP hat stets auf eine Abschaffung der Gewerbesteuer bestanden, die nun aber bleiben soll. „Die Gewerbesteuer muss weiter auf den Prüfstand“, erklärte prompt der finanzpolitische Sprecher der FDP, Volker Wissing. Und selbst dem Sprecher des Finanzministeriums war am Freitag bei der Frage nach der Abstimmung innerhalb der Koalition nur ein „Es gab erweiterte informelle Abstimmungen“ zu entlocken, was so viel heißt wie: Offiziell herrscht bei dem Thema dicke Luft zwischen Schäuble und der FDP. Immerhin, das letzte Wort sei noch nicht gesprochen, die gemeinsame Erklärung sei „eine fundierte Idee, die weiter erörtert werden soll“.

Meinung + Diskussion Seite 12