„Es geht um Kommunikationsgerechtigkeit“

Medienexperte Kammann fordert ein Finanzmodell, dass eine öffentlich-rechtliche Rundfunknutzung geräteunabhängig für alle ermöglicht

taz: Herr Kammann, wie sollen die Ministerpräsidenten in Bad Pyrmont entscheiden?

Uwe Kammann: Ich hoffe, dass sie sich auf eine Verlängerung des Moratoriums bei PC-Gebühren einigen. Denn ich glaube, eine definitive Entscheidung wäre voreilig. Die Dinge sind noch im Fluss. Und das, was da von ARD und ZDF vorgeschlagen wird, ist meiner Ansicht nach nicht das Gelbe vom Ei. Es geht doch nicht um eine kurzfristige Zwischenlösung, sondern um die grundlegende Reform der Rundfunkgebühr und des Gebühreneinzugs.

Was bedeutet das für ARD und ZDF? Sie haben das Geld, das ihnen nach momentan gültigem Recht klar zusteht, fest eingeplant.

Wenn das so ist, war das etwas voreilig. Denn man hätte damit rechnen können, ja sogar rechnen müssen, dass diese Regelung noch einmal in Frage gestellt wird. Es gibt ja auch sehr unterschiedliche Schätzungen, was so eine PC-Gebühr für ARD und ZDF einbringen würde. Aber an solchen Summen hängt doch nicht die Frage, ob die Anstalten weiter Qualitätsprogramme machen können. Sie dürften mit dem bereits heute vorhandenen Geld – immerhin rund sechs Milliarden Euro pro Jahr – schon auskommen.

Bislang ist die Gebührenregel „gerätebezogen“. Ist das in der digitalen Welt als Maßstab noch sinnvoll?

Nein. Man sollte über ein Modell nachdenken, dass geräteunabhängig eine öffentlich-rechtliche Mediennutzung für alle ermöglicht. Dies wie bisher an einem reinen Radio- oder Fernsehgerät festzumachen, ist passé. Es ist ja einiges im Gespräch wie eine Haushaltsabgabe oder die Medienabgabe, die dann pro Nase berechnet würde – unabhängig vom Empfangsgerät und unabhängig davon, ob jemand wirklich öffentlich-rechtliche Medien nutzt.

Nun argumentieren schon heute die Gegner der PC-Gebühr, sie würden hier quasi gezwungen, eine Kinokarte zu kaufen, obwohl sie den Film gar nicht sehen wollten. Das gilt für so eine Medienabgabe doch erst recht.

Trotzdem wäre sie richtig und legitim. Man bezahlt mit seinen Steuern schließlich auch diverse Dinge mit, egal ob man sie in Anspruch nimmt oder nicht – von Schwimmbädern bis zu Museen. Es geht ja um Kommunikationsgerechtigkeit und die Chance einer gleichberechtigten Teilhabe an öffentlich zugänglichen Medien. Dazu müssen im Sinne einer Solidargebühr alle herangezogen werden – auch wenn sie bestimmte Angebote gar nicht nutzen.

Die Grünen schlagen nun eine Haushaltsabgabe vor, bei der aber auch Unternehmen zur Kasse gebeten werden. Die FDP kontert mit einer Art Kopfpauschale, bei der jeder Erwachsene mit eigenem Einkommen zahlt. Halten Sie eines der Modelle für durchsetzbar?

Das wäre eine Frage des politischen Willens. Ich fände es allerdings falsch, wenn Unternehmen mit einbezogen würden. Denn die bestehen ja aus Mitarbeitern, die schon für ihre Mediennutzung zu Hause zahlen. Ich würde eine solche Abgabe rein an den klassischen Nutzer – also uns als individuelle Personen – binden. Das ginge dann sowohl als Haushaltsabgabe wie bezogen auf jeden erwachsenen Kopf – Letzteres erscheine mir dabei als die gerechtere Lösung.

Sollte nun doch 2007 die PC-Gebühr kommen: Welche Möglichkeiten hat die GEZ denn überhaupt, Computer-Schwarzseher zu verhindern?

Dies Problem kommt erschwerend hinzu. Gesetze, deren Einhaltung man nicht vernünftig überprüfen kann, sind schlechte Gesetze. Diese Schnüffelei, welche die GEZ schon heute mit manchmal als rüde empfundenen Methoden betreibt, ist nicht unbedingt dazu angetan, das Ansehen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu verbessern. Die Umstände schlagen bei ARD und ZDF negativ zu Buche. Von daher wäre ein anderes Verfahren, das solche GEZ-Methoden unterbindet, sehr viel besser – auch für die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an sich.

INTERVIEW: STEFFEN GRIMBERG