Stadtmöblierung zweiter Klasse

Ab 2009 sollen neue Möbel das Stadtbild prägen. Sozial benachteiligte Viertel könnten dabei allerdings schlecht abschneiden, denn der Senat plant eine Möblierung unterschiedlicher Qualität

VON BJÖRN BENDIG

In Blankenese stehen die Villen, in Wilhelmsburg die Mietskasernen. Künftig könnte man die sozialen Unterschiede in den verschiedenen Hamburger Stadtteilen auch den Buswartehäuschen ansehen.

Die Hamburger Stadtmöblierung,und die damit verbundenen Rechte zur Stadtwerbung werden im November neu ausgeschrieben – ein eigens für ganz Hamburg entworfenes Design der Stadtmöbel ist dabei nicht mehr erwünscht. Im Gegenteil: Die jeweilige Gestaltung hänge künftig mit der unterschiedlichen Repräsentativität der einzelnen Stadtteile zusammen, sagte CDU-Pressesprecher Hein von Schassen der taz. Dabei werde es „natürlich einen Unterschied in Qualität und technischer Ausstattung geben.“

Nobelwartehäuschen für die Reichen und die Grundausstattung für die Armen? Claudius Lieven, Sprecher für die Stadtentwicklung bei der GAL befürchtet eine „Spreizung in Luxusklasse und Economy-Klasse“ bei der Möblierung einzelner Stadtteile. Besonders ärgert sich Lieven darüber, dass „alle anderen Stadtteile die höheren Preise für die Luxusmöbel mit bezhalen.“ Eine zweitklassige Ausstattung von sozial benachteiligten Stadtteilen zu hohen Preisen dürfte die Folge sein.

CDU-Sprecher von Schassen sieht das anders: „Eine Manifestierung sozialer Unterschiede der Stadt in der Stadtmöblierung sehe dadurch nicht.“

Drei Stadtmöblierer haben ihre Konzepte für die Umgestaltung inzwischen vorgestellt (siehe Kasten). Wall, Ströer und JCDecaux haben beispielsweise Buswartehäuschen, die in verschiedenen Farben illuminiert werden können und mit einem Internetzugang ausgerüstet sind im Angebot. Auch Litfaßsäulen mit Touch-Screen, an denen Infos über Events und Sehenswürdigkeiten ausgedruckt werden können, sind vorstellbar. „Wir werden uns unter den Angeboten die besten Rosinen herauspicken“, kündigte Stadtentwicklungssenator Michael Freitag an. „Nicht nur die Innenstadt wird verschönert, sondern die ganze Stadt profitiert.“

Von Internetwartehäuschen auf der Veddel ist allerdings nicht die Rede. Ob und in welchen Stadtteilen die neuen, mit Technik bestückten Stadtmöbel kommen werden, ist immer noch unklar. Auch die Einführung eines Fahrradmietsystems, das mit der Neuausschreibung verbunden ist, wie es in Berlin oder München bereits existiert, würde nur dem Kernbereich der Stadt zugute kommen. Der Senat plant laut Abendblatt besondere Design-Linien für besondere Orte in der Stadt und hat bei Beratungen im Stadtentwicklungsausschuss der Bürgerschaft dieses Auflage bereits als Ausschreibungskriterium mit einfließen lassen. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU, Klaus-Peter Hesse, stellt sich beispielsweise vor, Pöseldorf im englischen Stil und die Hafencity maritim möblieren zu lassen. Eine „Identität stiftende Stadtmöblierung“ nennt Hesse diesen Vorschlag.

Der Konkurrenzkampf der Unternehmen um die besten Konzepte für die Stadt geht unterdessen ungeachtet der Diskussionen weiter. Schließlich geht es nicht nur um die Stadtmöblierung, sondern auch um einen lukrativen Vertrag als Hamburgs Aussenwerbepartner. „Das große Hauen und Stechen im Vorfeld hat damit zu tun, dass das Auftragsvolumen so groß ist“, sagt Kerstin Feddersen, Sprecherin der Behörde für Stadtentwicklung. Insider schätzen den Wert der Rechte zur Stadtwerbung, die mit der Neuausschreibung der Stadtmöblierung verbunden sind, auf rund 800 Millionen Euro. „Ich halte diese Zahl für glaubwürdig“, sagt der GAL-Sprecher Claudius Lieven.