Auf den Hund gekommen

Bei den Münchner Medientagen meldet sich die Presse zurück: Expansion durch Verdrängung und Abseitiges

Viel ist die Rede von einer neuen „digitalen Blase“ auf den 20. Münchener Medientagen. Doch egal, ob Web 2.0 oder Internetfernsehen nun überbewertete Medienhypes sind oder nicht – eigentlich müsste man mal wieder über die analogen Blasen sprechen: Kaum ein Thema wird auf den über 80 Panels tatsächlich wie vorgegeben diskutiert.

So schnurrte denn auch das Sujet des sogenannten Print- Gipfels am Donnerstag Vormittag auf ein gemütliches „Und, Print-Branche, wie geht’s dir so?“ zusammen. Gut bis sehr gut, lautete die Antwort von Michael Grabner, dem Vize-Vorsitzenden der Geschäftsführung von Holtzbrinck (Zeit, Handelsblatt, Tagesspiegel). Bei Renditen von 20 Prozent könnte man nun wirklich nicht von einer Krise der Printmedien sprechen, frohlockte Grabner und lobte ausführlich die auf dem Podium ebenfalls vertretenen Finanzinvestoren von Veronis Suhler Stevenson, an die Holtzbrinck den Berliner Verlag verkauft hatte. Die würden entgegen ihrem Heuschrecken-Ruf einen tollen Job machen und nicht wie befürchtet viele Journalisten entlassen.

Schade nur, dass man angesichts des aktuellen Personal-Gemetzels bei der Handelsblatt-Gruppe das Kompliment so gar nicht zurückgeben konnte. Ein bisschen mehr Realitätssinn versuchte Gruner + Jahr-Zeitschriftenvorstand Bernd Buchholz in die Runde zu bringen: „Der Printmarkt ist ein gesättigter Markt. Mehr Auflage ist mit wenigen Ausnahmen eigentlich nur noch durch Verdrängung zu erzielen.“

Als er dann allerdings erklärte, wie das beim eigenen Verlag aussieht, wurde einem schlagartig klar, warum der Zeitschriftenvorstand G+J-intern als „Fliegender Händler“ gefürchtet ist: Buchholz ist der Mann für die groben Verkäufe. Bar jeder Ironie verkündete er die neue hauseigene Verwertungskette, bestehend aus dem am nächsten Dienstag neu erscheinenden Hunde-Magazin Dogs plus der am selben Tag auf Vox startenden Vierbeiner-Casting-Show „Top Dog“ plus einem Online-Forum für Hundebesitzer – um dann auch noch die „Food-Kompetenz“ seines Hauses hervorzuheben: Nein, um Hot Dogs geht es dann doch nicht. Aber aus Rezepten aufs Handy und Kochshows im Fernsehen werde man da ein „Medienpackage“ schnüren, das „über alle Kanäle“ gespielt würde. Alles schön crossmedial, alles schön unterm Bertelsmann-Dach – warum haben wir eigentlich so viel Angst vorm Springer-Fernsehen gehabt?

Aber besinnen wir uns auf die Worte des ebenfalls anwesenden WAZ-Chefredakteurs Ulrich Reitz: „Qualität im Journalismus ist die Abwesenheit von reflexhaften Antworten.“ Also geben wir Dogs und der „Brigitte-Diät“-SMS eine faire Chance. HPI