Raiffeisen reloaded

CROWDFUNDUNG Eine Plattform der Raiffeisenbanken will an netzgestützte Massenspenden heranführen. Kunden können darüber Projekte in der Region unterstützen

„Was einer alleine nicht schafft, das schaffen viele“ – Friedrich Wilhelm Raiffeisen war ein echter Krautfunder. Schon die ersten genossenschaftlich organisierten Spar- und Darlehenskassen im 19. Jahrhundert setzten in puncto Selbsthilfe auf das Prinzip der Schwarmfinanzierung. Raiffeisens Urenkel nehmen den Claim auch im Web 2.0 beim Wort. Der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken hat nun unter der Webadresse www.viele-schaffen-mehr.de eine Crowdfunding-Plattform gestartet. Sie soll Bankkunden an das Thema netzgestützte Massenspenden heranführen, und ihnen ermöglichen, per Mausklick konkrete Projekte in der Region zu unterstützen. Kernaufgabe sei, so das Mission Statement, „Menschen beim Erreichen ihrer Ziele zu unterstützen“. Und zwar jenseits von „Profitmaximierung“.

Vorreiter in Sachen genossenschaftliches Crowdfunding ist seit 2013 die in Baden-Württemberg ansässige Volksbank Bühl: „Wir wollen eine Infrastruktur schaffen, über welche Vereine und gemeinnützige Organisationen aus unserem Geschäftsgebiet gemeinnützige Projekte finanzieren können“, so der dortige Bereichsdirektor Unternehmensentwicklung Franz Sebastian Welter. Gemeinnützigkeit wird dabei tatsächlich groß geschrieben: „Wir haben keinerlei wirtschaftliche Interessen. Gebühren, die aus dem Zahlungsverkehr entstehen, werden auch von uns übernommen“, ergänzt Welter.

Außerdem stockt die Volksbank über einen speziellen Fördertopf jede Erstspende von Unterstützern mit weiteren 5 Euro auf. Von den dafür zur Verfügung stehenden 10.000 Euro sind bereits 1.625 Euro ausgeschüttet worden – denn vier Projekte wurden mittlerweile erfolgreich abgeschlossen. So wurden etwa ein Open-Air-Konzert finanziert und die Anschaffung von Sportgeräten für lokale Turnvereine.

Das Beispiel aus Baden-Württemberg macht Schule: Inzwischen sind Genossenschaftsbanker auch anderswo auf den Geschmack gekommen – die Volksbanken Kaiserslautern-Nordwestpfalz, Mindener Land sowie Köln haben ebenfalls Crowdfunding-Plattformen an den Start gebracht.

Das Corporate Design ist dabei identisch, Gleiches gilt für die Technik unter der Haube. Denn für die technische Realisierung sorgt VR-Networld, eine auf Banking-Software spezialisierte IT-Tochter der Volks- und Raiffeisenbanken. Tatkräftige Unterstützung für das Projekt leistet auch Startnext, Deutschlands größte Crowdfunding-Plattform, die zugleich als einzige als gemeinnützig anerkannt ist.

Zu den Strategien von Startnext gehört die Regionalisierung – sichtbar etwa an der Hamburger Ausgründung Nordstarter.org. Dort wurden in den letzten zweieinhalb Jahren bereits 500.000 Euro für regionale Projekte gesammelt. Die Crowdfunding-Plattform Dresden-Durchstarter.de, ebenfalls Teil des Startnext-Netzwerks, konnte in anderthalb Jahren immerhin schon mehr als 100.000 Euro einsammeln.

Erfolgsrezept scheint dabei wie bei den Off- und Online-Aktivitäten der Volksbanken die starke Verbundenheit der Menschen mit ihrer Region zu sein. Vor Ort gedeiht Solidarität offenbar auch im scheinbar ortlosen Social-Media-Zeitalter besonders gut. ANSGAR WARNER