LIEBESERKLÄRUNG
: Ostern

EIN FLINKES FRÜHLINGSFEST OHNE BESINNLICHKEITSTERROR ODER MITMACHVERPFLICHTUNG – RUNDUM LIEBENSWERT EBEN!

Wäre heute Weihnachten, könnte ich mich nicht locker machen. Ich müsste mich unbedingt im Kreis meiner Großfamilie aufhalten, und wenn die nicht in Reichweite wäre, dann eben umgeben von vielen, vielen Freunden. Es müsste laut sein, wir würden uns rausputzen, müssten ein großes Dinner schmeißen, mit Kerzenschein, es liefe besinnliche Musik, am Ende würde jemand selbsttrunken herumzicken – all der anstrengende Kram eben, den man so macht, wenn man Weihnachten „nicht feiert“. An Ostern ist das anders. Zum Glück.

Während nämlich das Marketing von Weihnachten als ultimatives Beisammenfest so mächtig ist, dass selbst nichtchristliche Individuen meinen, unter keinen Umständen allein vor dem Computer gammeln zu dürfen, scheint Ostern, zumindest in Deutschland, nicht dieser zwanghaften Konnotation zu unterliegen. Es ist mehr so eine Art verlängertes Wochenende, das das Ende des Winters besiegeln und dem Subjekt einen gemächlichen Zugang zur frisch erblühten Umwelt gewähren soll.

Und dann ist da noch dieser Widerstandsgestus von Ostern. Nicht der der Ostermärsche – als 1986 Geborene kennt man diese nur noch aus Legenden –, sondern der des „Tanzverbots“ an Karfreitag. Es ist die Partyklimax der jungen Provinzhedonisten, etwa im überwiegend katholischen Baden-Württemberg, wo nämlich im Gegensatz zu Berlin oder Hamburg die Clubs donnerstags um 23.59 Uhr tatsächlich die Musik abstellen. Weitergefeiert wird auf den Straßen. Zu Musik aus unsäglich krachenden Autosubwoofern werden Hüften und Tanzbein illegal geschwungen – bis der dritte Polizeiwagen kommt.

Kurz: Ostern ist Freiheit von Arbeit, von Gesellschaft, von Winter, von Zeitdruck, von Zwang, ist der flinke Hase gegen den dicken alten Mann. Ostern rules! FATMA AYDEMIR