Bestechliche Beamte kosten Milliarden

KORRUPTION In jeder zweiten Amtstube wird unterschlagen und bestochen, so eine Untersuchung zur Kriminalität in Behörden. Interne Kontrollen sind mangelhaft. Mitarbeiter fliegen oft zufällig auf

BERLIN taz | Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst in Deutschland halten offenbar gern die Hände auf. Eine erstmalig durchgeführte Studie zu Kriminalität in deutschen Behörden zeigt: In jeder zweiten Behörde gab es in den vergangenen zwei Jahren mindestens einen Fall von Unterschlagung, Korruption, Fälschung oder illegaler Absprache. Dadurch entsteht ein jährlicher Schaden von mindestens zwei Milliarden Euro.

Die Untersuchung im Auftrag der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC und der Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg fußt auf der Befragung von 500 Behördenvertretern sowie 1.000 Bundesbürgern. Sie bezieht sich auf Straftaten und Verdachtsfälle ab 2008, die gerichtlich verfolgt wurden. Darunter fallen Korruption, Diebstahl oder Sachbeschädigung, Urkundenfälschungen, wettbewerbswidrige Absprachen und Subventionsbetrug.

Die Autoren der Studie sprechen allein von 20.000 Korruptionsfällen pro Jahr. Betroffen sei demnach jede dritte befragte Behörde. „Allerdings dürfte die tatsächliche Kriminalitätsbelastung höher sein“, meint Steffen Salvenmoser von PwC. „Darauf deutet die klare Unterschätzung des konkreten Kriminalitätsrisikos durch die befragten Behörden hin.“

Die finanziellen Schäden für die Steuerzahler sind der Studie zufolge erheblich. Wenn sich etwa eine Firma mit Billigung von Behörden Subventionen erschleicht, zahlt die Allgemeinheit durchschnittlich sieben Millionen Euro drauf. Die Wirtschaftsberater rügen die mangelhaften Kontrollsysteme der Kommunen. Denn die Straftaten werden zu 70 Prozent zufällig aufgedeckt, meist durch Hinweise von Behördenmitarbeitern.

In öffentlichen Stellen gibt es laut Studie seltener Straftaten als in Firmen aus der Privatwirtschaft. Jeder fünfte Angestellte sieht sich zumindest gelegentlich Korruptionsversuchen von Unternehmen oder auch Privatpersonen ausgesetzt.

MARKUS SCHULZ