Krach is back

Mit einem Film und einem Reunion-Konzert wird in der Volksbühne die Sixties-Noise-Band The Monks gefeiert

Diese Band war zu viel für das Deutschland Ludwig Erhards. Gepflegten Beat ließ man sich Mitte der Sechziger noch gefallen, auch die Beatles liebte man. Aber auf unglaublich laute Ex-GIs, die in Mönchskutten und mit bizarren Haarkränzen nun wirklich nicht aussahen wie eine Rockband, hatte niemand gewartet.

Und dann noch diese Musik! Hans Joachim Irmler von der deutschen Avantgarde-Band Faust nennt sie „minimalistisch“. Der damalige Produzent der Monks, Jimmy Bowien, spricht von „Heavy Metal der ersten Stunde“. Und Charles Wilp, der verstorbene irre deutsche Pop-Art-Künstler und Weltraumkunstvisionär, will in den fünf Mönchen gar eine „schwerelose Gruppe“ erkannt haben, die „Vorläufer von Techno“.

„Krach, Krach und keine Musik“, war dagegen in Bild über den während der Dienstzeit in Hessen zusammengefundenen seltsamen Auswuchs deutsch-amerikanischer Freundschaft zu lesen. Die Monks und ihre Musik, ihr ganzes Auftreten als Konzeptband, das war alles zu eigenartig für damalige Verhältnisse. Was schade ist, denn „hätte man die Monks begriffen“, so Irmler in der fantastischen Dokumentation „Monks – the transatlantic feedback“, die demnächst in die Kinos kommen soll und schon jetzt ein ungeahntes Monks-Revival anfeuert, „hätte man 68 schon zwei Jahre früher haben können“.

Für die Form von „Befreiung“, die Irmler in den Monks sah, die bei ihm einen echten „Schock“ auslösten, war 1966, als das erste und einzige Monks-Album „Black Monk Time“ erschien, noch niemand bereit. So tingelte die Band erfolglos durch deutsche Rockschuppen, trat vor einem irritierten „Beatclub“-Publikum auf, und ein Jahr später war der Spuk schon wieder vorbei. Die Musiker legten ihre Kutten ab und zogen zurück in die USA.

Dass sie im fernen Deutschland in dieser komischen Band waren, hatte in der Heimat kein Mensch mitbekommen, und so hätte ein kurioses Kapitel Popgeschichte schnell wieder zu Ende kommen können. Doch es kam anders, ganz anders. „Black Monk Time“ wurde zum Klassiker, zu einer dieser seltenen Platten, die so weit ihrer Zeit voraus waren, dass spätere Generationen sie erst für sich entdecken mussten.

Die Monks gelten heute als Prä-Punk, Proto-Industrial, tatsächlich als Vorläufer von allem Möglichen. Auch weil sie unheimlich politisch waren, schon vor den Hippies unverblümt gegen den Vietnamkrieg ansangen und die Dinge auf den Punkt bringen konnten, wie erst viel später der Punk: „I hate you, but call me“, heißt es in einem ihrer Stücke.

Überall haben die Monks ihre Spuren hinterlassen. In der Film-Dokumentation sieht man einen entrückten John Spencer und einen begeisterten Genesis P. Orridge, die wie jugendliche Fans auf den ersten Auftritt der wiedervereinigten Band in den USA überhaupt warten – über 30 Jahre, nachdem sie sich aufgelöst hatte und kurz nachdem 1997 ihre einzige Platte erstmals in den USA veröffentlicht wurde. Beide sagen, dass die Monks der Anfang von allem waren: von echter Wildheit, von echt archaischem und brutalem und dennoch auch unheimlich raffiniertem Rock. Kult, Legende, Urvater, das ist man heute allerdings schnell, wenn man vor ein paar Jahrzehnten einmal eine Gitarre in der Hand hielt. Bei den Monks treffen diese Bezeichnungen ausnahmsweise einmal uneingeschränkt zu.

Nach 40 Jahren treten sie nun auch erstmals wieder gemeinsam in Deutschland auf, im Rahmen einer Art Monks-Gala und begleitet von Fans wie Alec Empire, Mark E. Smith und anderen. Ihre typischen Haarkränze rund um die nackten Schädeldecken tragen sie natürlich auch wieder. Nur, dass sie dafür inzwischen nicht mehr zum Friseur gehen müssen. ANDREAS HARTMANN

The Monks, heute, 20.30 Uhr, Vorführung des Films, ab 23 Uhr Monks-Konzert mit Gästen, in der Volksbühne