Das wollen die Gewerkschaften

„Das geht besser. Aber nicht von allein“ war das Motto der Demonstrationen vom Wochenende. Wie denn?

Der DGB diagnostizierteine „wachsendeZwei-Klassen-Medizin“

Mindestlohn: Am Brandenburger Tor in Berlin erklärte Ver.di-Chef Frank Bsirske: „Der freie Fall der Löhne im unteren Bereich muss gestoppt werden.“ Traditionell stehen die Gewerkschaften dem Mindestlohn skeptisch gegenüber, weil sie die Tarifautonomie und damit ihren direkten Einfluss nicht ausgehebelt wissen wollen. Angesichts von Massenarbeitslosigkeit, Lohndumping und sinkendem eigenen Organisationsgrad in Deutschland fordern aber nun sieben von acht Einzelgewerkschaften des DGB den gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 Euro brutto pro Stunde. Dieser soll dann als „Auffanglinie nach unten“ greifen, wenn der Weg über die klassischen Tarifverträge oder das Arbeitnehmer-Entsendegesetz versperrt ist.

Rente mit 67/Kombilöhne: Die Rente mit 67 sei „nichts anderes als ein weiteres Rentenkürzungsprogramm“, geißelte der IG-Metall-Vorsitzende Jürgen Peters die Pläne der Bundesregierung in Dortmund. Strukturelle Probleme der Rentenkassen würden dadurch nicht gelöst. Stattdessen fordern die Gewerkschaften eine Erhöhung des tatsächlichen Rentenalters, das momentan im Durchschnitt bei 60,2 Jahren liegt. Hier soll für Über-55-Jährige ein öffentlich geförderter „zweiter Arbeitsmarkt“ geschaffen werden. Diesen Weg zieht der DGB auch den von Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) angesteuerten Kombilöhnen für ältere Beschäftigte vor. Eine langfristige öffentliche Förderung von älteren Arbeitslosen im gemeinnützigen Bereich etwa würde nach ihren Berechnungen auch nicht mehr kosten als die Beschäftigung in Ein-Euro-Jobs.

Gesundheit: Bei der Hauptveranstaltung in Stuttgart nannte DGB-Chef Michael Sommer die Gesundheitsreform einen „Angriff auf das letzte solidarisch finanzierte Sozialsystem in Deutschland“. Die Gewerkschaften diagnostizieren eine „wachsende Zwei-Klassen-Medizin“ von privat und gesetzlich Versicherten. Sie fordern eine Bürgerversicherung, bei der auch Zinseinkünfte, Mieteinnahmen und Einkommen aus selbstständiger Arbeit einbezogen werden, statt nur Löhne und Gehälter. Alle sollen ihre Kasse frei wählen können und die paritätische Finanzierung von Arbeitnehmern und -gebern erhalten bleiben. GER