Die Literatur-Mittlerin

Heinrich Mann – den hat sie schon in der Schule gelesen, den „Untertan“ natürlich. Die Literatur von Bruder Thomas ist Birte Lipinski aber erst gegen Ende ihres Germanistikstudiums in die Hände gefallen.

Es ist schön, dass sie das so ehrlich erzählt, denn immerhin ist die 34-Jährige seit April Leiterin des Lübecker Buddenbrookhauses – eines der wenigen Museen, die nach einem Romantitel benannt sind. Es ist ein schmales Haus mit Dauer- und Sonderausstellungsgeschoss. Platz für Museumspädagogik oder gar Schulklassen-Führungen gibt es gar nicht.

Das soll bald anders werden: Der Bund hat das Nebenhaus gekauft, und zurzeit wird geprüft, wie sich das Gebäudeensemble für eine sinnlichere Präsentation nutzen lässt. „Wir wollen sowohl den Zufallsbesucher als auch den Mann-Fan zufriedenstellen“, sagt sie. Und natürlich hofft Lipinski, die zunächst nur einen Zeitvertrag bekam, dass sie noch da ist 2018, wenn das große neue Ensemble eröffnet.

Denn so ein Literaturmuseum ist wie eine kleine Bühne, und damit kennt sie sich aus, seit sie als Studentin an der Uni Oldenburg Regie führte. Zeitgenössisches wie Thomas Brussig hat sie da inszeniert und eine Zeit lang ernsthaft erwogen, Dramaturgin zu werden. „Aber dafür die Literatur aufzugeben? Schwierig.“

Eigentlich hatte sie Deutsch- und Kunstlehrerin werden wollen, bevor sich sich fürs Forschen entschied. Literatur zu vermitteln, am liebsten multimedial: So etwas schwebte ihr vor, und in ihrem vorigen Job als Referentin bei der Studienstiftung des deutschen Volkes war sie da schon ziemlich nah dran.

Aber das Buddenbrookhaus passt noch besser. Denn Lipinski hat über John von Düffels Theaterfassung der „Buddenbrooks“ promoviert – und findet den Stoff sehr heutig. „Das Aufbegehren gegen familiäre Zwänge ist ein zeitloses Thema“, sagt sie. „Und das Nette am Theater ist, dass man sich – anders als bei der Lektüre im stillen Kämmerlein – danach sofort über das Stück unterhalten kann.“  PS