LONG PLAYING RECORD * Jukebox - Der musikalische Aszendent

Von Hütten und Palästen

Es ist alles in dem Lied, My my, hey hey, Rock and roll is here to stay … Was am Anfang, als der Rock noch Fuß fassen musste, nicht überall so einfach war mit dem Bleiberecht. Im Beispiel der DDR kann man dabei sogar von einer durchaus prekären Sonderzone sprechen, wie man wieder bei einem Infoabend diese Woche im Brecht-Haus erfahren durfte, über den bereits gestern unter der Stichwort „Aktion Rhythmus“ auf den Kulturseiten der taz zu lesen war. Hübsch, wie der FSK-Musiker Thomas Meinecke an dem Abend tatsächlich einen „queeren Osten“ entdecken wollte und sogar einen Roxy-Music-Glam im DDR-Rock, was nun so eine sympathische Geschichtsfälschung ist, die man sich wohl nur aus einer Außenperspektive gönnen kann. Wenn man die Musik ohne Kenntnis der Subtexte hört. Der DDR-Rock als Exotica. Als weiteres Fazit durfte man mit nach Hause nehmen, dass er mit dem Ende der DDR auch unwiederbringlich untergegangen ist, weil der DDR-Rock, wie Meineckes Gesprächspartner, der Musikwissenschaftler Peter Wicke, festhielt, nur live bei den Konzerten das real thing war und die Platten mit allen Fingerspuren der Obrigkeit drauf nur ein fades Echo. Von den Konzerten aber gibt es keine Mitschnitte, und selbst für die Platten interessierte sich zum Ende der DDR hin kaum jemand mehr und nach der Wende wirklich niemand. Einfach weggeschmissen wurde der Ostrock wie ein alter Teddybär.

And once you’re gone, you can never come back …

Nach einiger Zeit aber erinnerte man sich doch an den alten Bären und kramte ihn wieder raus, sodass die Ostrocker mittlerweile als die eigentlichen Wendegewinnler gelten dürfen. Die Puhdys, City oder Electra spielen alle in den großen Palästen, während ihre Westkollegen aus der rockmusikalischen Gründerzeit in den Hütten vor einem versprengten Häuflein Interessierter ihr Geschäft verrichten. So machten das vor wenigen Wochen Faust im Festsaal Kreuzberg. Ein Mythos deutscher Rockmusik. So dürfen sie sich wenigstens im Heiligenschein „Krautrock“ sonnen, der diesen westdeutschen Bands der frühen Stunde gern aufgesteckt wird, und als dessen Spaßguerilla muss man wohl Guru Guru bezeichnen mit dem hingejammten Spacerock und einem allzeit zappelnden Mani Neumeier als Motor, der eigentlich schon auf dem Weg zum seriösen Free Jazzer war, bis er im 68er-Jahr den Rock für sich entdeckte. Guru Guru gibt es immer noch. Heute Abend spielen sie im Lido.

Das Lied: Hey hey, my my, Rock and Roll can never die … Die knorrige Eiche, sie gibt den Halt. Es ist sein Lied. Neil Young feiert heute am Freitag seinen 65. Geburtstag. THOMAS MAUCH

■ Guru Guru: Lido, Fr, 20 Uhr. 18 €