Einige Einlassungen von Masen und Barbara Morgenstern zum Wohl und Wehe einer Berufsbezeichnung

Die Berufsbezeichnung Liedermacher hat in den den letzten Jahren ihren Schrecken verloren. Die altgedienten Vertreter der Zunft wie Mey, Wecker und Wader weigern sich sehr erfolgreich zu sterben, Rapper wie Denyo hören plötzlich auf mit dem HipHop und fangen an Lieder zu singen, und sogar Teenager finden jetzt Clueso oder Philip Poisel ziemlich süß.

Mit „Wenn schon suchen, dann das Glück“ hat Masen nun netterweise ein Album aufgenommen, auf dem sich ziemlich genau nachvollziehen lässt, was 1. den Liedermacher zwischenzeitlich zur Persona non grata befördert hat, aber auch 2., warum man ihn irgendwann dann doch ein wenig vermisst hat. Denn erst einmal freut man sich, dass Masen Abou-Dakn, dessen Eltern kurz nach seiner Geburt aus Syrien nach Westberlin geflohen waren, sich traut, ganz hemmungslos und ungebrochen über Gefühle zu sprechen. Da ist nichts gebrochen, nichts mit Ironie abgesichert. Da singt einer ganz unverstellt davon, „sich in dir zu verlieren“, setzt Tränen schon mal mit Blutstropfen gleich und schießt vielleicht auch mal übers Ziel hinaus, aber berichtet doch sehr schön aus den Eingeweiden des modernen Menschen, der daran leidet, dass die „Liebe ist Arbeit am ich und am wir“.

Nur selten aber, und hier sind wir bei Punkt 1, weiß Masen sich selbst und seine Objekte mit Humor zu nehmen. Wenn er witzig wird, dann eher steif, und dann fragt er beispielsweise: „Kriegt Barbie jemals ihre Tage?“ Natürlich nicht, weil Barbie und ihr Liebhaber Ken stehen ja für das Plastikleben, gegen das so ein Liedermacher ansingen muss. In diesen Momenten sieht Masen, der früher in Jazz- und Rockbands spielte, nicht nur aus wie ein Lehrer, sondern hört sich auch so an. Dann übermannt ihn auch bisweilen ein nahezu zweckfreier Reimzwang, der bisweilen noch verstärkt wird durch einen gewissen Hang zum Klischee. So war die große Liebe des Seemanns aus der „Seemannsballade“ natürlich eine Hure, und in „Auf ein Wort“ muss der Protagonist „ein hartes Brot“ zerkauen. Ja, liebe junge Menschen, so ungefähr war das damals auf der Burg Waldeck. Glaubt mir, das wollt ihr nicht wieder zurückhaben.

Mit der irgendwie doch verfemten Berufsbezeichnung, seien wir ehrlich, erwischt man auch Barbara Morgenstern. Die hat es zwar lange geschafft, ihr Liedermacherinnentum geschickt zu verstecken hinter einer elektronischen Klangfassade. Das wird sehr deutlich auf einer Kompilation wie „Fan No. 2“, die mit bislang unveröffentlichten Versionen älterer Stücke einerseits einen Querschnitt durch, andererseits aber auch einen neuen Blick auf ihr bisheriges Schaffen ermöglicht. Bleibt doch selbst in den Remixen, die den Gesang nur mehr sporadisch einsetzen, die neue Innerlichkeit erhalten, deren Vorreiterin Morgenstern einst war. Dazu knistert und knuspert dann die Elektronik, als sollte sich die Seele wenn schon nicht im Text, dann doch zumindest in den Klängen einkuscheln dürfen. Erst auf der Bonus-CD „Enter The Partyzone“ verlässt Morgenstern diese Abgründe und landet wieder glücklich im Club. THOMAS WINKLER

■ Masen: „Wenn schon suchen, dann das Glück“ (Blickwechsel/ Soulfood), Release Party 15. 11. Sputnik-Kino, 20 Uhr

■ Barbara Morgenstern: „Fan No. 2“ (Monika/Indigo)