Rekordkredit für Eon

Konzern leiht sich für Endesa-Kauf 37 Milliarden. Vor allem Spaniens Bauindustrie treibt den Preis in die Höhe

MADRID/BERLIN taz ■ Um scheinbar jeden Preis will der deutsche Energieriese Eon den spanischen Stromversorger Endesa übernehmen: Gestern teilte der Düsseldorfer Branchenprimus mit, die Finanzierung für das aufgestockte Kaufangebot sei gesichert. Gesichert bedeutet: Eon hat einen Kredit in Höhe von 37,1 Milliarden Euro aufgenommen – die „weltweit höchste Kreditlinie“, so Finanzvorstand Erhard Schipporeit. 18 Banken sind Geldgeber, darunter Citigroup, Deutsche Bank, HSBC, JP Morgan.

Viel Geld hat auch Spaniens Bauwirtschaft in den Händen. Und weil dies derzeit angesagt ist, haben die größten Bauunternehmen milliardenschwere Aktienpakete von Endesa und anderen spanischen Versorgern erworben. „Das Geschäftsfeld ausweiten“ wollten sie, heißt es aus den jeweiligen Konzern-Zentralen. Börsenanalysten glauben, dass der Bauboom, der in den letzten Jahren das ganze Land mit roten Backstein-Wohnblöcken zugepflastert hat, langsam zu Ende geht. Die Spekulationsblase – die Wohnungspreise vervierfachten sich binnen zehn Jahren – droht zu platzen. Die Nutznießer verlassen nun offenbar das Schiff, suchen nach neuen, sichereren Einnahmequellen. Das Geschäft mit der Energie kommt da genau richtig.

Den Anfang machte Acciona. Im September stieg der Bauriese, der bereits über Investments in der Windenergie verfügt, bei Spaniens größtem Stromversorger Endesa ein. 10 Prozent kaufte Acciona. Damit ist die Baufirma der zweite Anteilseigner hinter der hauptstädtischen Sparkasse Caja Madrid. Acciona kündigt an, bis zu 24,9 Prozent erstehen zu wollen – der größtmögliche Zukaufs-Anteil, ohne ein Übernahmeangebot zu machen.

ACS, Firma des Exvereinspräsidenten von Real Madrid, Florentino Pérez, zog nach, kaufte zehn Prozent beim Stromversorger Iberdrola und stellte bei der Börsenaufsicht Antrag, weitere 25 Prozent erwerben zu dürfen. 35 Prozent hält ACS bereits beim Energiekonzern Union Fenosa. Erklärtes Ziel: Beide zu verschmelzen und so Nummer eins auf Spaniens Strommarkt zu werden. In der letzten Woche zog mit Sacyr Vallehermoso der dritte große Baulöwe nach. Knapp drei Milliarden Euro blätterte das Unternehmen hin, um bei einem der wichtigsten spanischen Multis, der Erdölfirma Repsol-YPF, einzusteigen.

Die Kaufwut der Bauunternehmer wird zunehmend zum Problem für Eon. Nach dem Einstieg von Acciona bei Endesa sah sich Eon gezwungen, sein Übernahmegebot von 27 auf 37 Milliarden zu erhöhen. Analysten in der Düsseldorfer Eon-Zentrale hegen allerdings den Verdacht, hinter Acciona könne mehr stecken. Spaniens Regierung hat bisher alles unternommen, um den Endesa-Kauf durch Eon zu verhindern. Der Acciona-Einstieg könnte der Versuch sein, einen harten spanischen Kern zu schaffen, der das Unternehmen vor ausländischen Übernahmen schützt. Eon klagt deshalb in New York, stellte den Antrag, Acciona zu verbieten, weitere Endesa-Aktien zu kaufen. Das Ziel von Acciona sei es, zusammen mit weiteren Investoren die Übernahme von Endesa durch Eon zu blockieren. REINER WANDLER