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portraitDer aufrichtige Diplomat

Die sudanesische Regierung hat Jan Pronk zur Persona non grata erklärt. Khartum sieht seine Arbeit als beendet an und forderte den Leiter der UN-Friedensmission Unmis auf, das Land vor Mittwoch zu verlassen. Was dem Niederländer droht, wenn er seine Koffer nicht packt, blieb offen. Der UN-Generalsekretär lässt es nicht drauf ankommen: Kofi Annan berief seinen Sondergesandten zu „Beratungen“ ein.

Im Juni 2004 hatte Annan Pronk, der lieber UN-Kommissar für Flüchtlinge geworden wäre, als Vermittler im Darfur-Konflikt entsandt. Anfangs war er in Khartum wohlgelitten, weil er weder Massentötungen erkennen konnte noch dass die Regierung die Janjaweed-Milizen zu diesen anstiftet. Das änderte sich, als er sah, dass nichts geschah, um die Milizen zu entwaffnen. In diesem Mai verbuchte er zwar einen Erfolg: Die Regierung unterzeichnete das Darfur-Abkommen. Doch seitdem weigert sie sich, der Stationierung einer UN-Truppe zuzustimmen. Stein des Anstoßes für den Landesverweis war nun Weblog Nr. 35 vom 14. Oktober. Darin beschrieb der Diplomat, dem ein gnadenlos gutes Gewissen nachgesagt wird, dass die Moral der Regierungstruppen SAF nach herben Verlus- ten ziemlich am Boden läge. Der Regierung warf er vor, das Darfur-Abkommen zu verletzen.

Der studierte Ökonom pendelte in seiner Laufbahn mehrfach zwischen niederländischer und internationaler Politik. 1971 zog er für die sozialdemokratische Partie van de Arbeid ins Parlament ein. 1978 wurde er PvdA-Chef. Im Kabinett Den Uyl übernahm er 1973 mit dem Entwicklungsressort sein erstes Ministerium.

Nach einem ersten Abstecher zur UN, für deren Handelsorganisation er 1980–85 arbeitete, übernahm er 1989–98 erneut das Entwicklungsministerium, danach das Umweltressort. Premier Wim Kok nannte ihn mal ironisch das „Gewissen der Nation“. Dem machte er im April 2002 Ehre: Nach Erscheinen des vernichtenden Srebrenica-Berichts legte er sein Amt nieder. Das restliche Kabinett folgte ihm und Kok blieb nur noch der Rücktritt.

Obwohl er mit seinem Hang zum Alleingang als Verhandlungsführer die Haager Klimakonferenz 2001 beinahe vermasselte, ereilten ihn 2002 gleich zwei Rufe: Das Institut für Entwicklungszusammenarbeit Den Haag bot ihm eine Professur an. Und Annan entsandte ihn zum Weltgipfel für Nachhaltigkeit nach Johannesburg.

Pronk, der mit seiner Frau Tineke zwei erwachsene Kinder und eine Enkelin hat, hält sich fit mit Laufen, Schwimmen und Skifahren. Bis klar ist, ob und wie es mit der Mission im Sudan weitergeht, dürfte der Bücherwurm mehr Zeit zum Lesen haben. CHRISTINE APEL

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