Neue Brutalität

Erschreckende Bilanz der NRW-Gerichte: Gewalttaten nehmen um 43 Prozent zu. Täter sind oft Jugendliche

DÜSSELDORF dpa/taz ■ Die Gerichte in Nordrhein-Westfalen haben im vergangenen Jahr rund 196.000 Straftäter verurteilt – so viele wie seit 1993 nicht mehr. Im Vergleich zu 2004 sei die Zahl um vier Prozent gestiegen, sagte Justizministerin Roswitha Müller- Piepenkötter (CDU) gestern in Düsseldorf. Die Gewaltkriminalität machte einen Anteil von 13,9 Prozent an der Gesamtzahl der Verurteilungen aus und habe damit einen Höchststand erreicht.

„Besorgnis erregend ist die wachsende Zahl der Körperverletzungen“, sagte die Ministerin. Gegenüber dem Vorjahr stieg die Zahl der Verurteilungen in diesem Bereich um 43 Prozent auf 20.100. Trotz eines Rückgangs seien überdurchschnittlich viele der Gewalttäter Jugendliche. „Häufig handelt es sich um gewalttätige Auseinandersetzungen unter alkoholisierten Jugendlichen in Discotheken oder Gaststätten“, erläuterte Müller-Piepenkötter.

An der Spitze der Verurteilungen stehen Betrugsstraftaten, die mit etwa 50.000 ein Viertel der Gesamtzahl ausmachen. Dabei haben vor allem Betrügereien mit Scheckkarten zugenommen. „Offenbar spielen hier neue technische Möglichkeiten im bargeldlosen Zahlungsverkehr eine maßgebliche Rolle“, meinte die Justizministerin. Auch die Zahl der wegen Drogendelikten Verurteilten erreichte mit 14.300 einen Höchststand.

Vor allem der Anstieg der Gewalttaten sei auch darauf zurückzuführen, dass sich Opfer zunehmend trauen, die Täter anzuzeigen – etwa bei häuslicher Gewalt. Außerdem greife die Justiz gerade bei Gewaltdelikten inzwischen härter durch, sagte die CDU-Ministerin. Das Angebot der Polizei, Strafanzeige über das Internet zu erstatten, werde immer häufiger wahrgenommen – allein 46.000 Mal im vergangenen Jahr.