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Gemeinsam wollen sie stark sein

Die freie Wissenschaftsszene im Ruhrgebiet arbeitet immer enger zusammen. Das bringt den Instituten nicht nur neues Forschungsgeld: Sie fühlen sich endlich ernstgenommen. Das Land drängt jedoch auf Fusionen mit Uni-Instituten

VON MORITZ SCHRÖDER

Peter van Leeuwen nimmt sich Zeit. Auf einen weißen Stehtisch gelehnt versucht der hagere Mann, bloß nicht kompliziert zu werden. Wie erklärt man wissenschaftlich ahnungslosen BesucherInnen ein Forschungsprojekt? „Wir untersuchen, wie radioaktive Mikroimplantate das Wachstum von Tumoren einschränken können“, versucht es der Forscher vom Bochumer Grönemeyer-Institut für Mikrotherapie schließlich.

Van Leeuwen weiß, wie wichtig Öffentlichkeit für sein Institut ist. Genau so wie seine KollegInnen von den anderen außeruniversitären Instituten, die vergangene Woche auf der Wissenschaftsmesse Ruhr in Dortmund ihre aktuellen Forschungsvorhaben präsentierten. Alle sind selbstständig und damit unabhängig von der Forschung an Hochschulen. Sie müssen ihre Projekte selbst auf den Markt werfen, ohne große Unterstützung aus öffentlichen Kassen. Da ist die richtige Promotion um so wichtiger: „Wir sind stark, reden nur zu wenig darüber“, erklärt Dietrich Grönemeyer, Leiter des gleichnamigen Instituts.

Auch seine Forschungseinrichtung arbeitet selbstständig, wie rund 50 weitere Institute im Ruhrgebiet. Die Spannbreite ihrer Forschung ist groß. Die WissenschaftlerInnen am Oberhausener Fraunhofer-Institut Umwelt-, Sicherheits-, Energietechnik (UMSICHT) tüfteln zum Beispiel an lebenspraktischen Erfindungen. Wohngemeinschaften könnten sich viel Streit ersparen, wenn sie wüssten, was dort alles entwickelt wird: neuartige Teller etwa, die nach dem Essen auf den Kompost geworfen werden können, wo sie, in kleine Stücke gehackt, vergammeln wie eine Banane. Auch das UMSICHT ist unabhängig von öffentlichem Geld.

Allerdings ist es nicht immer einfach, an Fördergelder heranzukommen. Um so wichtiger ist es für die Außeruniversitären, die Zusammenarbeit untereinander zu verstärken. 24 Einrichtungen aus dem Ruhrgebiet arbeiten deswegen seit dem Jahr 2004 zusammen. Der bunte Haufen namens „Wissenschaftsforum Ruhr“ tritt an, um im Wettstreit mit dem Bollwerk der universitären Forschung bestehen zu können.

Grönemeyer grenzt sich ganz bewusst von den Universitäten ab: „Die sehen zu wenig das Praktische.“ Mit seinen Kollegen arbeitet er daher vor allem an der konkreten Umsetzung seiner Ideen. Zusammen mit zwei weiteren medizinischen Instituten aus dem Wissenschaftsforum will er zum Beispiel die Diagnose und Behandlung von Krebs in Kliniken verbessern.

Von der Zusammenarbeit im Wissenschaftsforum hat auch das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS) profitiert. „Ohne den Kontakt zum Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte hätten wir unseren Antrag auf Förderung nie durchbringen können“, ist sich Siegfried Becker vom DISS sicher. Die dortigen Kultur- und GeisteswissenschaftlerInnen möchten in einem gemeinsamen Projekt die jüdische Publizistik des 19. Jahrhunderts analysieren. Im freien wissenschaftlichen Austausch bewegt sich also sogar etwas bei den Geisteswissenschaften, die an den Universitäten oft eher stiefmütterlich behandelt werden.

Einige der Institute müssen allerdings um ihr Überleben kämpfen. Denn obwohl selbstständig, bekommen sie als Landesinstitute teilweise öffentliches Geld. Das Ministerium hat nun einige dieser Landesinstitute genötigt, sich mit den Hochschulen zu verbinden, um Geld zu sparen. So wird ausgerechnet die Dortmunder Sozialforschungsstelle unter der Leitung von Jürgen Howaldt ab Anfang kommenden Jahres zur Universität Dortmund gehören. Howaldt ist ebenfalls Vorsitzender des Wissenschaftsforums und nun der unabhängigen Wissenschaftsszene im Ruhrgebiet abhanden gekommen.

Um so etwas künftig zu verhindern, will das Forum auch noch die restlichen 26 unabhängigen Institute der Region als Mitglieder gewinnen. Auch die Sozialforschungsstelle soll nicht verstoßen werden. Grönemeyer beschwört den Zusammenhalt: „Kleine Institute werden alleine als Ansprechpartner einfach nicht ernstgenommen.“

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