Kurse gegen Missbrauch

SPORT Verbindliche Workshops für angehende Jugendleiter beim Landessportbund

Gerade beim Fußball fehlt der Fokus auf sexuellen Missbrauch noch.

Von sexistischer Sprache bis zum handgreiflichen Machtmissbrauch: Ein Jugendleiter-Zertifikat des Landessportbund Bremen (LSB) erhält nur noch, wer sich in einem zweistündigen Kurs mit sexueller Gewalt auseinandergesetzt hat. Vergangenen Samstag fand der zweite Workshop in diesem Jahr statt.

Vor den etwa fünfzehn EhrenämtlerInnen sitzt Rainer Dietrich von pro familia. Für die Schulungen ist der LSB eine Kooperation mit der Beratungsstelle eingegangen: „Wir wollen in die Breite sensibilisieren“, sagt Dietrich. Sportvereine seien nicht besser als andere Organisationen. Auch zwischen Umkleidekabine und Spielfeld komme es leider immer wieder zu Übergriffen. In den meisten Fällen seien es TrainerInnen, die ihre Position ausnutzten: Disziplin verursache ein Machtgefälle, dass zum Missbrauch Abhängiger führen könne.

Die sportliche Leistung stehe oft so im Mittelpunkt, dass die Aufmerksamkeit für anderes komplett fehle. Auch zwischen SportlerInnen selbst komme es zu sexueller Belästigung, in seltenen Fällen sind auch TrainerInnen Opfer von SpielerInnen. Körperkontakt und Wettkampf verliehen übergriffigem Verhalten bisweilen sehr subtile Züge, etwa bei Hilfestellungen.

Ein vorbeugendes Patentrezept, um dem entgegen zu wirken, gebe es dafür nicht, sagt Dietrich. Entscheidend sei vielmehr ein grundlegendes Bewusstsein für Grenzen und dafür, wie man sie wahrt. Mit den TeilnehmerInnen spricht er dies anhand konkreter Beispiele durch, etwa dem Verhalten in der Kabine.

Der oder die klassische Missbrauchs-TäterIn tauche natürlich nicht in einem solchen Seminar auf, glaubt Dietrich. Er hofft auf MultiplikatorInnen, die ihre Vereine für die Problematik sensibilisieren. Auch Helmut Helken, Abteilungsleiter für Bildung beim LSB, ist es wichtig, diese Anbindung herzustellen. Wer nun GruppenleiterIn werde, wisse, wo Grenzen lägen und was er tun dürfe. Solche abgegrenzten Bereiche seien auch eine Selbsthilfe für TrainerInnen. Im Verein träfen sie auf Kumpanei und Vereinseinigkeit. Berechtigte Kritik und auch ein klares Nein von Betroffenen gingen in diesem Klima oft unter.

Gerade in Männerdomänen sieht Dietrich Bedarf. Er wundert sich, dass kein Fußballer sein Seminar besucht hat. Zwar gebe es dort engagierte Konzepte zur Gewaltprävention, der Fokus auf sexuellen Missbrauch fehle hingegen. Auch Helken sieht die Diskrepanz zwischen der überfachlichen Ausbildung und der Ausbildung im Fachverband. Auf Anfrage verweist der Fußballverband auf die DFB-Vorgaben zur Trainerlizenz. Die vorgesehenen 140 Lerneinheiten widmen sich derzeit nicht dem Thema sexuelle Gewalt. Wilfried Zander betont, dass dem Bremer Verband die Hände gebunden seien. Grundsätzlich stehe man den Inhalten offen gegenüber. A. Koob