Erforschung der frühen Sucht

An der Hamburger Uniklinik eröffnet die bundesweit erste Forschungsstelle für Suchtverhalten von Kindern und Jugendlichen. Außerdem plant der Senat, fünf spezielle Beratungsstellen zu gründen

VON ELKE SPANNER

Die Zahlen über den Suchtmittelkonsum von Kindern und Jugendlichen in Hamburg sind bekannt. So trinken beispielsweise 37 Prozent der 14- bis 18-jährigen Schülerinnen und Schüler mehrmals wöchentlich Alkohol. Im Alter von 12,8 Jahren zünden sich die meisten Jugendlichen ihre erste Zigarette an. Künftig aber soll nicht nur der Ist-Zustand beschrieben, sondern dessen Hintergrund wissenschaftlich erforscht werden. An der Universitätsklinik Eppendorf (UKE) eröffnet heute offiziell das „Deutsche Zentrum für Suchtfragen des Kinder- und Jugendalters (DZSKJ)“, das in dieser Form bundesweit einmalig ist.

Suchtstörungen gelten als eines der „größten Risiken für die altersgerechte Entwicklung und Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“, heißt es im Konzept des neuen Institutes. „Je früher Kinder und Jugendliche in den Suchtmittelkonsum einsteigen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, eine Abhängigkeit zu entwickeln.“ Neben „Partydrogen“ wie Ecstasy gehört vor allem der Konsum legaler Drogen wie Alkohol und Tabak für viele Kinder und Jugendliche früh zum Alltag dazu. So hat das Hamburger „Büro für Suchtprävention“ schon mehrere Kampagnen gestartet, mit denen speziell junge Leute angesprochen werden. Außerdem bringt es jährlich die „Schulbus“-Studie heraus, die ein Bild des Drogenkonsums junger Leute zeichnet.

Wissenschaftlich erforscht ist deren Suchtverhalten aber kaum. Auch das „Zentrum für interdisziplinäre Suchtforschung“ am UKE setzt „am anderen Ende des Suchtspektrums an“, sagt Rainer Thomasius, der das neue DZSKJ leiten wird. Bislang befassen sich die Forscher überwiegend mit Patienten, deren Leben durch jahrelange Sucht gekennzeichnet ist – beispielsweise in der Begleitstudie zum Modellversuch kontrollierter Heroinvergabe.

Das DZSKJ hingegen wird sich mit Kindern und Jugendlichen beschäftigen, die gerade davor bewahrt werden sollen, in eine lange Drogenkarriere reinzurutschen. Ziel ist, die Ursachen der Suchtgefährdung zu erforschen und aus den Erkenntnissen neue Methoden der Prävention zu entwickeln. Die Forschung darüber wird eng an die bisherige Arbeit von Thomasius angelehnt sein – er leitet bereits eine Drogenambulanz für jugendliche und junge Erwachsene am UKE.

Die Stadt Hamburg finanziert dem neuen Institut die Stellen für vier Wissenschaftler. Der Senat unterstützt diese Forschung mit jährlich 288.000 Euro, weil sie Teil seines Leitbildes einer „drogenfreien Kindheit und Jugend“ ist. Die weiteren Kosten des Forschungszentrums tragen das UKE und ein Förderverein.

Die Jugendbehörde hat inzwischen die Federführung für die Suchtprävention Jugendlicher von der Gesundheitsbehörde übernommen. Sie will über die Stadt verteilt fünf spezielle Beratungsstellen für drogengefährdete Kinder eröffnen. Auch an der Erarbeitung von deren Konzept ist Rainer Thomasius beteiligt. Seine Forschungsstelle wird die Arbeit dieser Jugendberatungsstellen begleiten: „Wir werden sehr praxisbezogen arbeiten.“