Biobauern-Chef unter Beschuss

Thomas Dosch zeigt sich unbeugsam. „Es gibt keinen Grund für mich, zurückzutreten“, sagte der Chef von Deutschlands größtem Ökobauernverband Bioland am Mittwoch – obwohl er vor der Bundesdelegiertenversammlung am kommenden Montag in Fulda mit Rücktrittsforderungen aus mindestens vier der acht Landesverbände konfrontiert ist (taz vom 17. 11. 10). Die Rebellen werfen ihm vor, die Demokratie in der Organisation zu untergraben und eine Bürgschaft für ein Ökounternehmen eigenmächtig vergeben zu haben.

Aber Dosch wäre nicht Dosch, wenn er nun aufgeben würde. Der 50-Jährige ist ein Kämpfer. Das hat er in den vergangenen elf Jahren als Bioland-Chef bewiesen. Eloquent verteidigte er in den Medien und Politikerbüros die Ökobauern, die auf umweltschädliche Pestizide und Mineraldünger verzichten. Kaum jemand an der Spitze der deutschen Biolobby beherrscht diese Kunst besser als er.

Doch darüber scheint er den Kontakt zur Basis vernachlässigt zu haben. Die ist bei Bioland selbstbewusster als etwa beim konservativen Deutschen Bauernverband. Dessen Führung um Gerd Sonnleitner hat ihre Landwirte über zahlreiche Unterorganisationen und ein Geflecht von Abhängigkeiten zwischen Funktionären fest im Griff. Bei Bioland dagegen ist die Hierarchie flacher, der Einfluss der einfachen Mitglieder direkter, die Basis oft links und stolz darauf, rebellisch zu sein. Für Kontakte mit den Mitgliedern, das räumt Dosch inzwischen ein, hätte er mehr Zeit aufwenden müssen.

Sicher hat bei der Entfremdung zwischen Dosch und der Basis auch eine Rolle gespielt, dass er selbst keinen Hof hat. Er ist zwar gelernter Landwirt und studierte Agrarökonomie in Witzenhausen und London. Er ist auch auf dem Hof seiner Eltern in Nordwürttemberg aufgewachsen. Aber schon lange arbeitet er zu 100 Prozent als Lobbyist – einen Großteil seiner Zeit verbringt er in Berlin und Brüssel.

Den Basiskontakt will Dosch nun verbessern. „Nach dieser Bundesdelegiertenversammlung wird mein erster Weg in die kritischen Landesvorstände führen“, verspricht er. Denn die Uhr tickt: Im Frühjahr 2011 läuft seine Amtszeit aus, und eine neue Wahl wird fällig. JOST MAURIN