Frau Sommers Abi-Scherz

Beim letzten Probelauf für das neue Zentralabitur fallen 42 Prozent der Schüler in Mathematik durch. Schulministerin Barbara Sommer räumt Probleme ein. Lehrer und Schüler fordern Verschiebung

VON MIRIAM BUNJES
UND KLAUS JANSEN

Das neue Zentralabitur in NRW ist ein halbes Jahr vor seiner geplanten Einführung noch nicht prüfungsreif. „Es gibt noch Ecken und Kanten, nicht alles lief rund“, räumte Schulministerin Barbara Sommer (CDU) gestern ein. Rund 50.000 Schüler waren zuvor zu Probeklausuren in den Fächern Deutsch, Mathematik, Englisch, Biologie und Geschichte angetreten. Das Ergebnis: Im Vergleich zu den Abiturklassen des Vorjahres sackten die Schüler deutlich ab. Allein in Mathematik wurden 42 Prozent der Schüler mit „nicht ausreichend“ bewertet. Der Testlauf für die ebenfalls geplanten zentralen Prüfungen in der zehnten Klasse brachte ähnlich schlechte Ergebnisse.

In einigen Fächern seien die Abituraufgaben so schwer oder unverständlich gestellt worden, dass sie nicht hätten gewertet werden dürfen, sagte Sommer. Zudem gab es Probleme beim Download der Prüfungsaufgaben – unter anderem stürzte ein Server ab. Sommer versprach, die Fehler bis zum Ernstfall im kommenden Mai zu beseitigen. Zwar seien auch dann Pannen nicht auszuschließen – jedoch würden die Schüler nicht zu „Versuchskaninchen“, so Sommer.

Viel Zeit zum Nachbessern bleibt der Ministerin aber nicht: „Ein neuer Probelauf ist nicht mehr zu schaffen“, sagte der Vorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung, Udo Beckmann. Er forderte eine „genaue Ursachenforschung“. Seine Kollegen vom Philologenverband gehen sogar noch weiter und wollen das Zentralabitur gleich verschieben. „Da muss mehr Ruhe rein“, sagte Vorstandsreferent Andreas Merkendorf. „Es ist unwahrscheinlich, dass ein ganzer Jahrgang schlechtere Leistungen liefert: Die Lehrer sind noch nicht weit genug für das Zentralabi.“

Auch Nordrhein-Westfalens Schüler sehen ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt. „Das Zentralabitur schadet in dieser Form unser beruflichen Zukunft“, sagte Lea Elahi von der LandesschülerInnenvertretung. Geht es nach ihr, dann soll das „gleichmacherische“ Zentralabitur ganz gekippt werden.

Das jedoch halten selbst erklärte Gegner der Neuregelung nicht mehr für möglich. „Es ist zu spät, um eigene Abiturklausuren an den Schulen auszuarbeiten und prüfen zu lassen“, sagte der GEW-Landesvorsitzende Andreas Meyer-Lauber. Er wirft der Schulministerin vor, die Vereinheitlichung der Schulabschlüsse „zu überhastet“ betrieben zu haben.

Eine zu geringe Vorlaufzeit hat das Zentralabitur in NRW aber eigentlich nicht: Bereits im Jahr 2004 hatte die damalige SPD-Schulministerin Ute Schäfer die Neuregelung in die Wege geleitet. Doch auch sie sieht die Schuld für die Pannen nun bei ihrer Nachfolgerin: „Sie hat sich nach dem Regierungswechsel zu stark auf ihr neues Schulgesetz konzentriert. Um das Zentralabitur hat sie sich zu wenig gekümmert.“

Die so gescholtene Sommer schlägt für den Ernstfall im Mai nun übrigens einen ganz einfachen Lösungsweg vor: Die Lehrer sollten einfach mehr „Mut zu guten Noten“ entwickeln, sagte sie gestern. „Was gut ist, soll auch so bewertet werden.“