Die Welt aus Sicht der Mutigen

FILMFESTIVAL Die Aktion Mensch zeigt auch im Norden Filme über Menschen, deren Mut sich manchmal im Kleinen zeigt, der aber immer auch zur Veränderung des Bestehenden taugt

„ueber Mut“ im Norden:

■ Hamburg im Metropolis Kino vom 25. November – 7. Dezember

■ Lübeck im Kino Koki vom 25. November – 4. Dezember

■ Lüneburg im Scala Programmkino vom 25. November – 1. Dezember

■ Kiel im Kommunalen Kino in der Pumpe vom 1. Dezember – 10. Dezember

■ Boizenburg im Kino Boizenburg vom 5. Dezember – 14. Dezember DBA

VON DANIELA BARTH

Gehört den Mutigen die Welt? Die Welt, so wie sie ist? Oder die Welt, wie sie sein könnte? Lohnt es sich in unserer heutigen Gesellschaft, Courage zu zeigen, Widerstand zu leben? „Die zehn Filme des Festivals „ueber Mut“ belegen, dass Mut stets der Mut zur Veränderung des Bestehenden ist. Mut setzt eine kritische Betrachtung und Veränderungswillen voraus: Etwas muss sich ändern“, beschreibt Martin Gosen von der Aktion Mensch das Anliegen des Festivals. Dafür haben die Festival-Macher sich auf der ganzen Welt umgeschaut und nach geeigneten Filmen gesucht.

Fündig geworden sind sie unter anderem in den USA, in Südafrika, in Frankreich: In den Filmen des Festivals stehen Menschen im Mittelpunkt, die sich leidenschaftlich für ihren Traum von Veränderung einsetzen. Sei es für würdige Lebensbedingungen von obdachlosen Menschen in Frankreich, gegen den Missbrauch und die Vernachlässigung von Kindern und Jugendlichen in Südafrika oder für die rückhaltlose Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in der Bundesrepublik.

Die Filme zeigen aber auch Menschen, die sich mit ihren Ängsten, den inneren und äußeren Kämpfen mutig dem intimen Blick der Kamera aussetzen. Zum Beispiel Monica und David: Sie heiraten. Die Zeremonie ist romantisch, wie aus einem Hochzeitsmagazin. Dass die junge Frau und ihr Freund sich das Jawort geben, ist außergewöhnlich: Beide haben das Down-Syndrom, und Menschen mit dieser Behinderung heiraten selten. Die Cousine der Braut, Alexandra Codina, hat einen Film über das erste Ehejahr der beiden gedreht. Sie begleitet das Paar bei der Jobsuche und beim Umzug, dokumentiert Monicas Ordnungsfimmel und Davids Eifersucht auf ihren Ex. Ein intimes Porträt zweier Menschen, die ihr eigenes Leben gestalten – auch wenn sie immer auf fremde Hilfe angewiesen sein werden.

Ein Ausnahmefilm ist der deutsche Beitrag „Eine flexible Frau“ von Tatjana Turanskyj. Ein Spielfilm mit dokumentarischem Charakter, der schon auf der Berlinale gezeigt wurde. Greta M., 40, eine Frau mit einer postmodernen, brüchigen Architektinnenbiografie, verliert ihren Job. Auch im Callcenter wird sie gefeuert. Wie Don Quichotte kämpft sie gegen unheimliche Mächte an: ihren Sohn, den Bewerbungscoach, die verhinderte Architektur des neuen Berlins und nicht zuletzt gegen die eigene Paranoia und die Statusangst, eine Frau ohne Auftrag zu sein. Sie trinkt und driftet zwischen Anpassung und Widerspruch durch ihr Leben. Sie scheitert …

Das Festival tourt bundesweit durch 100 Städte. Die Kinobetreiber und Veranstalter der einzelnen Städte organisieren das Festival weitgehend eigenständig, die Aktion Mensch unterstützt sie beispielsweise mit Technik und Werbemitteln. Nach jeder Vorstellung gibt es ein Publikumsgespräch, in dem Fragen gestellt und Eindrücke geteilt werden können. Um lebensnah zu vermitteln, was Mut bewegen kann, nehmen in einigen Städten die Regisseure und Akteure der Filme an den Diskussionen teil.

Ein wichtiger Bestandteil des Festivals ist die Barrierefreiheit: Alle Filme sind mit Untertiteln für gehörlose Menschen, mit Audiodeskription für sehbehinderte Menschen und einige Filme mit Voice-over-Synchronisation ausgestattet. „Damit steht dieses Festival konsequent für die Umsetzung des Begriffs der Inklusion. Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch uneingeschränkt das gleiche Recht auf Teilhabe an der Gesellschaft hat. Das ist unser großes Ziel. Um es zu verwirklichen, braucht eine ganze Gesellschaft Mut“, sagt Martin Gosen.