„Hamburg hat eine Sonderrolle “

PROTEST Eine Parade will Solidarität für Flüchtlinge einfordern: gleiche Rechte nicht nur für Fachkräfte

■ 39, arbeitet als Kulturarbeiterin und Radiomoderatorin und engagiert sich seit knapp zehn Jahren für Flüchtlinge.

taz: Frau Keil, wieso engagieren Sie sich für Flüchtlinge?

Siri Keil: Eine solidarische Gesellschaft, die sich um ihre Menschen kümmert, darf nicht bei denjenigen aufhören, die hier neu ankommen. Die brauchen Platz zum Leben und müssen Rechte bekommen: Das Recht auf Leben, auf Arbeit, auf Auskommen, all das soll gemeinsam getragen und dafür soll gesorgt werden. Es ist selbstverständlich, dass man für deren Rechte genauso kämpft wie für die eigenen.

Wieso ist das Thema jetzt wieder aktuell?

Europas Flüchtlingspolitik kommt über die Lampedusa-Flüchtlinge nach Hamburg. Dadurch gibt es in Hamburg seit Jahren zum ersten Mal wieder diese einzigartige Möglichkeit, die Thematik so auf den Tisch zu bringen. Das hat man letzten Endes der Initiative Lampedusa in Hamburg zu verdanken.

Hat Hamburg eine Sonderstellung in der Flüchtlingspolitik?

Hamburg hat eine Sonderrolle, weil es sich immer als Tor zur Welt präsentiert und auch Bürgermeister Scholz sehr gerne von Willkommenskultur spricht. Ich bin der Meinung, dass das für alle gelten muss, die in Hamburg ankommen und hier leben wollen – und nicht nur für die, die als Fachkräfte angeworben werden.

In Harvestehude ist wenig Willkommenskultur zu spüren. Dort soll ein Flüchtlingsheim gebaut werden, was die Einwohner aufbringt.

Ich halte es für ein haarsträubendes Argument, dass man die Flüchtlinge nicht in einen wohlhabenden Stadtteil unterbringen sollte, weil sie dort von viel scheinbar unerreichbarem Wohlstand umgeben wären. Das ist eine Ausrede, um Menschen, die man nicht vor der eigenen Haustür haben möchte, wegzuhalten. Aber die Unterbringung von Menschen mit einem anderen kulturellem Hintergrund ist für einen solchen Stadtteil ein Gewinn und könnte ihn positiv verändern.  INTERVIEW: FCK

Protest-Parade „The place to be“. Auftakt: 1. Mai, 13 Uhr, Michelwiese