betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Viele glauben ja immer noch: Computerspiele, das ist bloß was für Blöde. Oder für solche, die auch gern im richtigen Leben metzeln und meucheln. Und auch sonst virtuelle und wirkliche Welten nicht recht unterscheiden können. Mit ähnlichen Argumenten allerdings hat das kulturelle Establishment vor zweihundert Jahren auch schon das damals gerade aufkommende Genre Roman bekämpft. Und ist das Theater nicht eigentlich der brutalstmögliche Egoshooter überhaupt, und William Shakespeare der gefährlichste Schriftsteller von allen? In Stücken wie „Titus Andronicus“, „Macbeth“ oder Richard III. kommen Menschen schließlich reihenweise und auf allerscheußlichste Art zu Tode. Es wird vergewaltigt, Gliedmaßen werden abhackt und Menschen geschlachtet, dass das Theaterblut nur so in Strömen fließt. Aber hat man je gehört, dass später ein Zuschauer daheim in seiner Familien oder gar in Schule oder Nachbarschaft Amok gelaufen wären? Selbiges behauptet man ja gerne von den Gamern. Themen wie dieses werden am 3. und 4. Mai im Rahmen der 2. Konferenz „Theater und Netz“ erörtert, die das Internetportal nachtkritik.de gemeinsam mit der Heinrich-Böll-Stiftung veranstaltet. Am 3. Mai trifft der Theaterregisseur Robert Borgmann (der mit einer Inszenierung auch zum Theatertreffen eingeladen ist) auf zwei Gamedesigner der international erfolgreichsten deutschen Gameschmiede: Dennis Schwarz und Peter Gornstein von der Frankfurter Firma Crytek. Crytek hat so erfolgreiche Computerspiele wie „Crisis“ und „Son of Rome“ produziert. Am 4. 5. geht es auf der Konferenz dann um die radikalen Umbrüche, die die digitale Revolution für alte Kulturtechniken wie das Theater bedeutet. Netztheoretiker und -aktivisten debattieren mit DramatikerInnen und RegisseurInnen. (Heinrich-Böll-Stiftung: „Theater und Netz“, 3./4. 5., alle Infos: theaterundnetz.de)

Es kam ja schon kurz zur Sprache: Am 2. Mai startet das Berliner Theatertreffen, wo drei Wochen lang nicht nur die zehn interessantesten Theaterproduktionen zu sehen sein werden, sondern auch jede Menge Rahmenprogramm, darunter eine Veranstaltungsreihe, die dem großen, im vergangenen Oktober verstorbenen Regisseur Dimiter Gotscheff gewidmet ist. (Haus der Berliner Festspiele: „Theatertreffen“, 2.–18. Mai. Alle Infos: berlinerfestspiele.de)

Im Renaissance-Theater steht ab 4. Mai Michael Frayns aberwitzige Komödie „Der nackte Wahnsinn“ auf dem Plan. Es inszeniert Guntbert Warns, u. a. mit Katharina Thalbach, Boris Aljinovic und Ralph Morgenstern. (Renaissance Theater: „Der nackte Wahnsinn“, ab 4. 5., 20 Uhr)