Suche nach Öl im Nationalpark

KONGO Die Regierung hat zwei Ölfirmen erlaubt, im gefährdeten Virunga-Nationalpark im des Landes nach Öl zu bohren, obwohl der Park Kriegsgebiet und UN-Weltnaturerbe ist

■ Das Afrika der Großen Seen ist seit einigen Jahren ein Favorit der Ölfirmen auf der Suche nach neuen Vorkommen. Im Westen Ugandas sowie unter dem Albertsee an der Grenze zum Kongo sind Ölreserven von mehreren Milliarden Barrel entdeckt worden. Ölprospektion ist auch im Kongo selbst geplant sowie unter dem Kivu-See an der Grenze zu Ruanda und unter dem Tanganjika-See an der Grenze zu Tansania. Ständige Vertragsveränderungen verzögern allerdings überall die Aktivitäten. (d. j.)

VON FRANÇOIS MISSER

Die Regierung der Demokratischen Republik Kongo will in einem Nationalpark, der zum Welterbe der Unesco gehört und seltene Berggorillas beherbergt, nach Öl bohren lassen. Trotz Protests der zuständigen UN-Stellen gehen die Vorbereitungen für eine Aufnahme der Prospektionsaktivitäten der Ölfirmen „Dominion Oil“ und „Soco International“ im Virunga-Nationalpark im Ostkongo voran. Dies bereitet nicht nur Umweltschützern Sorgen: Die Ölregion liegt mitten im ostkongolesischen Konfliktgebiet, wo irreguläre Milizen und schwer kontrollierbare Armeeeinheiten aktiv sind.

Am 18. Juni billigte Kongos Präsident Joseph Kabila per Dekret das Abkommen, das den beiden an der Londoner Börse gelisteten Ölfirmen in Partnerschaft mit der staatlichen kongolesischen Cohydro das Recht auf Prospektion im ostkongolesischen Ölblock fünf gibt. „Block fünf“ liegt am südlichen Ende der Ölgebiete an der kongolesisch-ugandischen Grenze, in denen diverse Ölfirmen schon seit mehreren Jahren nach Öl bohren, und reicht vom Eduard-See bis zur Distrikthauptstadt Rutshuru in der Provinz Nord-Kivu. Der 7.105 Quadratkilometer große Ölblock beinhaltet das Kerngebiet des Virunga-Nationalparks, der seit 1979 Weltnaturerbe ist und seit 1994, als erstmals Flüchtlingsströme und Milizenaktivitäten den Park in Mitleidenschaft zogen, auf der Roten Liste der Unesco steht.

Bisher konzentriert sich das Interesse internationaler Ölfirmen an Ostkongo auf die Gebiete am Albertsee weiter nördlich. Block fünf ist erst seit 2008 ernsthaft im Gespräch. Francesco Bandarin, Direktor des Unesco-Welterbezentrums, äußerte seine „Sorge“ darüber erstmals am 18. Juni 2008 in einem Brief an Kongos Umweltminister José Endundu. Ölsuche und Ölförderung oder auch Bergbau im Nationalpark seien mit dem Status des Weltnaturerbes „unvereinbar“, schrieb er.

In einem zweiten Brief im Dezember 2008 erinnerte Bandarin daran, dass die Unterzeichnerstaaten der UN-Welterbekonvention verpflichtet sind, Aktivitäten zu melden, die einen Einfluss auf den „besonderen universellen Wert“ eines Erbes haben könnten. Auf der jüngsten Welterbekonferenz in Brasilia vom 25. Juli bis 3. August wurde Kongos Regierung aufgefordert, „keinerlei Prospektions- oder Ölförderprojekte zu genehmigen“. Da hatte Kongos Präsident Kabila das fragliche Dekret allerdings bereits unterschrieben. Wenig später wurde bekannt, eine Delegation von Politikern und der Ölfirma Soco habe Rutshuru besucht und erste Ortsbesichtigungen unternommen.

Mineral- und Ölprospektion in Nationalparks ist im Kongo verboten. Der Generaldirektor des vulkanologischen Instituts in der Provinzhauptstadt Goma hat Sorge geäußert, dass Ölprospektion zu Naturzerstörung führen könnte, vor allem durch den Bau der benötigten Straßen zur Erschließung. Wilderei, illegale Abholzung und illegaler Mineralienabbau würden dadurch einfacher, sagte er.

Der Virunga-Nationalpark ist bereits in seinem Nordteil von Bauern auf der Suche nach Land überlaufen und im Süden Rückzugsgebiet für Milizen. Die wenigen verbliebenen Berggorillas gelten als akut gefährdet, die Nilpferdpopulation ist seit 1990 von 30.000 auf 600 gesunken.

Die Ölfirmen stellen sich taub. Jetzt könne man mit der Prospektion auf beiden Seiten der Grenze beginnen, erklärte Dominium Petroleum am 20. September. Als Erstes planen die Ölfirmen seismische Erkundungen, um festzustellen, wo genau und in welcher Tiefe ölhaltige Gesteinsformationen liegen. Dafür muss Sprengstoff angeliefert werden, was in einem Bürgerkriegsgebiet auch andere Begehrlichkeiten wecken könnte. Die Ölfirmen wollen daher das Militär an ihrer Arbeit beteiligen, aber dies löst das Problem auch nicht.

Die EU-Kommission will jetzt offiziell von Kongos Regierung Aufklärung verlangen. Und im Januar ist ein Treffen zwischen Kongos Regierung und der Unesco geplant.