piwik no script img

Die kleine Wortkunde

Wer in sozialen Netzwerken schlechten Geschmack beweisen will, postet ein auf Armlänge geschossenes Smartphone-Foto von sich selbst – ein Selfie. Fortgeschrittene fotografieren ihr Essen. Wer sich wirklich abheben will, für den gibt es einen neuen Foto-Sport: SHELFIES. Anfangs waren es vor allem Fotos vom heimischen Bücherregal, die Einblick in die User-Seele geben sollten. Mittlerweile tummeln sich etliche Stillleben von Brillen, Tassen oder Büroklammern im Netz – manchmal perfekt arrangiert, manchmal zufällig aufgenommen.

„Shelfie“ ist ein Kofferwort aus „Selfie“ (Selbstporträt-Foto) und „Shelf“ (Regal). „Self“ (das Selbst, Ich) stammt vom germanischen „selbaz“ (selbst) ab. Shelf geht vermutlich auf das mittelniederdeutsche „Schelf“ (Regal) zurück.

Einige Shelfie-Knipser wollen sicher nur ein hübsches Bild posten, doch viele stellen in erster Linie sich selbst aus: Wir sollen unsere Aufmerksamkeit nicht mehr den Personen, sondern ihrem Besitz zuwenden, aus dem der Betrachter Rückschlüsse auf die jeweiligen Kuratoren in eigener Sache ziehen kann. Seit der Antike sollten Stillleben den sozialen Status ihrer Eigentümer widerspiegeln, doch die klassische Stilllebenmalerei hatte auch einen technischen Anspruch: Die Täuschung der Wahrnehmung durch die perfekte Nachbildung der Realität. Fragen sie Shelfisten ruhig mal, ob sie die Bücher, die sie so perfekt angeordnet haben, auch gelesen haben. ERIK WENK

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen