Mund auf, Augen zu?

ZAHNERSATZ Viele wissen nicht, wie sie ihre Kosten beim Zahnarzt möglichst niedrig halten können. Zumindest das Nötigste wird in Teilen von den Krankenkassen übernommen

■  Erster Ansprechpartner ist in jedem Fall die zuständige Krankenkasse. Die Krankenkassen informieren und beraten Versicherte zum Zahnersatz per Telefon oder in ihren Geschäftsstellen. Über einen E-Mail-Service können häufig Informationen zum Zahnersatz auf den Internetseiten der Kassen abgerufen werden.

■  Die Patientenberatungsstellen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und der Zahnärztekammern bieten Informationen sowie Gutachter- und Schlichtungsstellen im Streitfall. Die Öffnungszeiten und die Telefonnummern der regionalen Beratungsstellen können über die kostenlose Patienten-Hotline (08 00) 8 23 32 83 der Bundeszahnärztekammer abgerufen werden.

■  Die unabhängige Patientenberatung Deutschland UPD unterstützt Patienten bei Fragen rund um die Zahnarztrechnung, einen Heil- und Kostenplan oder bei Härtefällen. Kostenfreies Beratungstelefon (08 00) 011 77 22. Internet: www.upd-online.de.

■  Auch die Verbraucherzentralen helfen, sich im Dschungel des Gesundheitssystems zu orientieren. Patienten- und Pflegeberatung Tel. (09 00) 18 87 71 04. Mo. 10–12 Uhr und Do. 14–16 Uhr. Die telefonische Beratung kostet 1,86 Euro/Min (aus dem deutschen Festnetz; aus den Mobilfunknetzen können sich andere Tarife ergeben). Verbraucherzentrale Berlin, Hardenbergplatz 2, 3. OG, 10623 Berlin (gegenüber dem Bahnhof Zoologischer Garten), Internet: www.vz-berlin.de. Terminvereinbarungen zur Rechts- und Sonderberatung sind unter Tel. (0 30) 2 14 85-1 50 möglich, und zwar Di. 9–13 Uhr und Do. 14–18 Uhr.

VON LARS KLAASSEN

„Funktionstüchtig und zweckmäßig soll er sein, mehr ist in der Regel auch nicht drin.“ So beschreibt Dörte Elß von der Verbraucherzentrale Berlin, was gesetzliche Krankenkassen abdecken, wenn bei ihren Kunden Zahnersatz fällig wird. Doch auch die sogenannten Regelleistungen werden nur in Teilen übernommen.

Seit 2005 gilt: Für jeden Befund wird eine entsprechend definierte Standardlösung zugrunde gelegt – eine kostengünstige Regelversorgung –, für die die gesetzlichen Krankenkassen in Teilen aufkommen. Beim Backenzahn zum Beispiel, der mit einer Füllung nicht mehr repariert werden kann, ist das eine Metallkrone.

„Wer beim Zahnersatz sparen möchte, sollte sein ‚Bonusheft‘ pflegen“, rät Elß. „Das ist bares Geld wert!“ Die Kassen übernehmen üblicherweise 50 Prozent des für die Regelversorgung eines Befundes festgelegten Betrages. Wer anhand der Stempel in seinem Bonusheft nachweisen kann, in den vergangenen fünf Jahren mindestens einmal im Jahr beim Zahnarzt gewesen zu sein, erhält schon 60 Prozent. Ab dem elften Jahr erhöht sich der Zuschuss auf 65 Prozent. Bei einer Brücke über zwei fehlende Backenzähne zum Beispiel kostet die Regelversorgung 660 Euro. Dafür muss ein Patient mit 65 Prozent Festzuschuss 99 Euro weniger zahlen als jemand ohne Zuschuss.

Einige Krankenkassen bieten Zahnersatz ohne Zuzahlungen an – bei bestimmten Vertragsärzten

Was viele der Betroffenen nicht wissen: Wer über wenig Geld verfügt, kann zudem die Härtefallregelung in Anspruch nehmen. In solch einem Fall zahlt die Kasse 100 Prozent des Regelsatzes. Das gilt bei Personen, die durch allzu hohe Zahnersatzkosten unzumutbar belastet würden. Bei Beziehern von Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II, Bafög oder Azubis wird dies unterstellt und in der Regel keine Einkommensprüfung vorgenommen.

Auch andere Patienten mit geringem Einkommen können sich auf die Härtefallregelung berufen. Das gilt etwa für Alleinstehende, deren monatliche Bruttoeinnahmen in diesem Jahr die Summe von 1022 Euro nicht überschreiten. In einem Zweipersonenhaushalt darf das Gesamteinkommen aller Haushaltsmitglieder maximal 1.405 Euro betragen. Für jedes weitere im Haushalt lebende Kind oder andere Angehörige erhöht sich die Grenze um weitere 255 Euro.

Die Zuschüsse im Rahmen der Härtefallregelungen müssen bei der Krankenkasse beantragt werden. Dies sollte immer vor Beginn der Behandlung geschehen – am besten direkt mit dem Einreichen des Heil- und Kostenplanes. Auf mündliche Zusagen sollte man sich dabei nicht verlassen. Nur wer eine schriftliche Zusage in Händen hält, kann sicher sein, dass damit die Kostenfrage eindeutig geklärt ist.

■ Eine Zahnzusatzversicherung lohnt sich laut Stiftung Warentest vor allem für jene, die Wert auf eine teure Zahnzusatzversorgung und entsprechende Materialien legen. Denn ganz billig sind solche Angebote nicht. Mit Beiträgen von rund 20 Euro im Monat sollten Interessenten rechnen. Das Magazin Finanztest (5/2010) hat 110 Angebote von Versicherungen verglichen. Davon erhielten 16 das Prädikat „sehr gut“. Eine Police sollte nur abschließen, wer sich vorher genau erkundigt hat: Immer wieder bekomme Finanztest „Post von Lesern, die enttäuscht darüber sind, dass ihre Versicherung viel weniger für ihren Zahnersatz bezahlt, als sie erwartet hatten“. Kein Wunder: Laut Stiftung Warentest sind „die Versicherungsbedingungen selbst für Experten schwer zu durchschauen“. (lk)

Wer die Härtefallregelung in Anspruch nimmt, darf sich auch über die Regelleistungen hinaus behandeln lassen. Aber Vorsicht: Dafür muss dann aus der eigenen Tasche gezahlt werden! Elß rät: „Um hier kein Risiko einzugehen, empfiehlt es sich, dem Zahnarzt deutlich zu sagen, ob man selber noch etwas zahlen möchte – oder eben nicht.“

Überschreitet das eigene Einkommen die Grenze für die Härtefallregelung, besteht mit der gleitenden Härtefallregelung die Möglichkeit, trotzdem eine zusätzliche Unterstützung zum Festzuschuss zu erhalten. Je weiter man über dem festgelegten monatlichen Bruttoeinnahmen liegt, desto stärker sinken die Zuschüsse. Ein alleinstehender Patient zum Beispiel: Erhält er eine Regelleistung im Wert von 1.000 Euro, beträgt der Festzuschuss 50 Prozent, also 500 Euro (mit Bonus 650 Euro), der Eigenanteil beläuft sich auf 500 Euro (mit Bonus 350 Euro). Bei einem monatlichen Einkommen von 1.100 Euro beläuft sich die Differenz zur Härtefallgrenze (1.022 Euro) auf 78 Euro. Zumutbar ist das Dreifache der Differenz als Eigenanteil, in diesem Falle dreimal 78 Euro. Diese insgesamt 234 Euro muss der Patient zuzahlen, statt 500 bzw. 350 Euro. Den Rest übernimmt die Kasse.

Einige Krankenkassen bieten Zahnersatz ohne Zuzahlungen an. Dies gilt jedoch nur dann, wenn ein Vertragsarzt aus dem entsprechenden Programm gewählt wird, sich der Versicherte auf die Regelversorgung beschränkt und im Bonusheft nachweisen kann, dass in den letzten zehn Jahren die Vorsorgeuntersuchungen erfolgt sind. Interessierte müssen mit der Krankenkasse Rücksprache halten, um zu erfragen, wo ein an dem Modell teilnehmender Zahnarzt seine Praxis betreibt.

Wer über wenig Geld verfügt, sollte sein Bonusheft pflegen und die Härtefallregelung in Anspruch nehmen

Im Internet wird ebenfalls um die Preise gefeilscht: Patienten können hier in Auktionsportalen zum Beispiel ihre Heil- und Kostenpläne einstellen. Zahnärzte, die die gleiche Leistung preislich unterbieten, geben bis zu einer bestimmten Frist ihr Gebot ab. Die Patienten wiederum können sich aus den Angeboten das passende wählen. Da auf diesem Markt überregional gehandelt wird, empfiehlt es sich, schon vorab zu überlegen, ob man möglicherweise einen längeren Fahrtweg in Kauf nehmen will oder nicht. Durch dieses System ist es den Patienten möglich, eine Vielzahl unterschiedlicher Angebote einzuholen und zu vergleichen.

Durch die im Internet mögliche Notenvergabe nach der Behandlung können andere Patienten zudem von bereits vorhandenen Erfahrungswerten profitieren. „Das Modell hat allerdings auch seine Schattenseiten“, warnt Elß. „So stellt sich die Frage nach der Seriosität von Kostenvoranschlägen, bei denen der Patient nie in Augenschein genommen wurde.“ Es bestehe daher die Gefahr, dass der Zahnarzt von dem eigentlichen Angebot bei Ausstellung des endgültigen Heil- und Kostenplanes in seiner Praxis abweicht und sich so auch Änderungen ergeben können.