Eklat in der Domgemeinde

Offener Streit um den Domchor beim feierlichen Sektempfang zur Renovierung des Kapitelsaals

Es sollte eine feierliche Einweihung werden am Sonntag, nach dem Gottesdienst. Die Honoratioren der Domgemeinde waren in den Kapitelsaal eingeladen. Der Raum über dem „Kapitel 8“ mit Blick auf Rathaus und Marktplatz ist in den letzten Monaten aufwändig restauriert worden, Parkett und Holzvertäfelung erstrahlen in neuem Glanz, ein Schmuckstück ist da für die Domgemeinde entstanden. Ulrich Keller, hauptberuflich Chef der „Bremer Investitions-Gesellschaft“, hat nebenamtlich als Dombauherr das Geld besorgt.

Nach den förmlichen Ansprachen hatte der Domchor um das Wort gebeten, dessen wichtige Rolle als Kulturträger der Bremer Evangelischen Kirche anlässlich seines 150. Jubiläums im Gottesdienst mit erhabenen Worten gewürdigt worden war. „Was schenkt man so einem Geburtstagskind?“, fragte Chorsprecher Michael Werbeck. Die Antwort: „Dass er in seiner anerkannten Qualität erhalten werden kann.“ Und dann kam er zur Sache: „Der Chor bangt um die Zukunft der Kirchenmusik.“

Ohne mit dem Chor zu sprechen sei eine Stellenausschreibung für die Stelle des Domkantors vorbereitet worden. Die Bitte von Wolfgang Helbich, noch zwei, drei Jahre weitermachen zu dürfen, war ihm abgeschlagen worden (vgl. taz vom 4.11.). Gesucht werde ein Nachfolger, der gleichzeitig Musikmanager ist – offenbar um Personalkosten zu sparen. Aber bei einer derartigen neuen Stellenbeschreibung werde sich „keine adäquate Künstlerpersönlichkeit finden lassen“, fürchtet der Chorsprecher: „Warum diese eklatante Beschneidung der Kirchenmusik?“ Und warum sei das Thema nicht einmal im Konvent der Domgemeinde, dem Gemeindeparlament, beraten worden, geschweige denn mit dem Chor? „Der Domchor erwartet, dass externer und interner Sachverstand bei allen Beratungen um die Zukunft der Dommusik eingebunden wird.“

Das hat gesessen. Edda Bosse, die im Kirchenvorstand die Sache der Musik vertritt, muss kontern, „ungern“ sagt sie. Denn „das ist nicht der Domchor, den ich kenne“. Auch Dombauherren hätten „eine Würde zu verlieren“, formuliert sie. Die Behauptung, dem Domchor sollte das Management entzogen werden, sei „eine Unverschämtheit“. Solch offene Worte bei einem feierlichen Empfang hat die Domgemeinde vermutlich noch nicht erlebt. kawe