Es fährt kein Zug nach Nirgendwo

Ab Dezember werden vier Bahnstrecken in Nordbrandenburg stillgelegt. Denn der Bund kürzt die Zuschüsse für den Nahverkehr. Davon betroffen sind auch private Bahnbetreiber. In Berlin sind vorerst keine Streichungen geplant

Wer sein Wochenende gern in der Prignitz verbringt oder Ausflüge in die Uckermark mag, sollte die letzten Herbsttage nutzen. Pünktlich zum Fahrplanwechsel am 10. Dezember werden vier Verbindungen für den Personenverkehr im Norden des Bundeslandes geschlossen: Auf den Strecken Putlitz–Pritzwalk, Neuruppin–Herzberg, Neustadt–Neuruppin und Templin–Joachimsthal fahren künftig nur noch Güterzüge. Auf sechs weiteren Abschnitten sollen weniger Züge fahren als bisher.

Hintergrund: Der Bund hat allen Ländern die Zuschüsse für den Nahverkehr gekürzt, Berlin und Brandenburg müssen jeweils auf 30 Millionen Euro verzichten. Aber nur in Brandenburg wirkt sich die Kürzung direkt aus.

„Es steht in den Sternen, ob im dünn besiedelten Nordbrandenburg überhaupt noch etwas fahren wird“, sagt Frank Böhnke vom Bahnkundenverband. Denn statt den zur Rentabilität nötigen 1.000 Fahrgästen täglich benutzten oft gerade 50 Kunden die Bahn. Auch die Verhandlungen über einen Busverkehr als Ersatz für die ausrangierten Züge seien schwierig.

Als einzigen Ausweg sieht Böhnke die Privatisierung. Es sei belegt, dass bei mehr Wettbewerb die Fahrgastzahlen stiegen.

Auch Lothar Wiegand vom brandenburgischen Verkehrsministerium weiß, wie Uckermärker und Prignitzer künftig wieder mobil sein können: „Unser Ziel ist 100-prozentiger Wettbewerb.“ An den Ausschreibungen könnten sich die Bahn und private Betreiber beteiligen.

Doch die Privatisierung ist kein Allheilmittel. Denn Wettbewerb allein machte bisher eine Verbindung nicht rentabel. Auf drei der vier Strecken fahren bereits Privatbahnen. Wenn die Zuschüsse ausbleiben, schafften auch die Privaten keinen Gewinn mehr, sagt Wiegand. „Sie haben keine realistische Chance, dass sich das rechnet.“

Immerhin gehen durch die Streichungen kaum Arbeitsplätze verloren: Die betroffenen Bahnhöfe seien meist so genannte Haltepunkte ohne Personal, sagt Oliver Kaufhold von der Gewerkschaft Transnet. Auch in den Zügen würden oft nur noch zwei Eisenbahner mitfahren.

Für Berlin gibt es indes Entwarnung: Obwohl auch hier 30 Millionen fehlen, seien keine Strecken bedroht, sagt Gabriele Mittag vom Verkehrsverbund Berlin Brandenburg VBB. Lediglich einige S-Bahnen würden ab Dezember vielleicht seltener fahren, so Mittag. Die Berliner Seen bleiben also in Ausflugsreichweite. Sebastian Kretz