Marokkaner und Tunesier, bitte!

Das demografische Problem sollten einst indische IT-Spezialisten lösen. Jetzt dürfen das Afrikaner

„Künftig kann wieder eine Nachfrage nach ausländischen Arbeitskräften entstehen“

BERLIN taz ■ Die Lösung des demografischen Problems sah vor wenigen Jahren noch aus wie ein Charakter des Komödianten Kaya Yanar: indisch. Doch der bekommt jetzt Konkurrenz. Vorsichtig weist die „11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung“ des Statistischen Bundesamtes darauf hin, dass es zwar nicht bekannt sei, „wie sich die Wanderungsströme aus Nordafrika künftig entwickeln“. Aber dass sie sich entwickeln und dass die Menschen aus den entsprechenden Ländern wegen des starken Bevölkerungswachstums zur Abwanderung gedrängt werden, das sei „absehbar“, so der Bericht. Das „erste Ziel“ der Strömenden könnte Europa sein. Und Deutschland ist in Europa trotz aller Widrigkeiten nach wie vor eines der beliebtesten Zielländer.

Das Bundesamt hat errechnet, dass die Bevölkerung Nordafrikas bis zum Jahr 2050 von 191 auf 310 Millionen Menschen anschwellen wird. Aus aktuell 50 Millionen Menschen im so genannten „aktiven Wanderungsalter zwischen 20 und 34“ werden dann 66 Millionen geworden sein. Historisch bedingt wandern viele Nordafrikaner zwar nach Frankreich oder Spanien aus. Weil aber im selben Zeitraum die Zahl der Erwerbsfähigen in Deutschland abnimmt, liegt der Schluss nahe, dass hierzulande „künftig wieder eine Nachfrage nach ausländischen Arbeitskräften entstehen kann“, so der Bericht.

In den 60er-Jahren füllten diese Lücke türkische Gastarbeiter, in den 50ern italienische. Nur Erstere werden in dem Bericht erwähnt. Die Türkei gehöre noch immer zu den „wichtigsten Herkunftsregionen für Deutschland“. Das werde sich bis 2050 tendenziell nicht ändern, weil nach wie vor „ein demografisches und ökonmisches Gefälle“ zwischen den beiden Ländern bestehe, das ein Wanderungspotenzial begründen könnte.

Osteuropäischen Ländern hingegen prophezeit das Bundesamt einen Rückgang seiner Bevölkerung von 310 auf 225 Millionen Menschen. So könnte „eine der wichtigsten Auswanderungsursachen – die Arbeitsplatzsuche – in ihrer Wirkung gedämpft werden“, heißt es, wieder vorsichtig, in dem Bericht. Gute Zeiten für das demografische Problem in Deutschland. Es bleibt eines, trotz Zuwanderung.DOMINIK SCHOTTNER