„Erheblicher Einfluss der Kommunen“

Offiziell ist RWE ein privater Konzern. Doch mit ihren Beteiligungen machen die Städte auch Standortpolitik

taz: Herr Weber, ist RWE ein privates Unternehmen?

Christoph Weber: RWE ist eine Aktiengesellschaft und somit privatrechtlich organisiert. Allerdings halten Kommunen noch rund 30 Prozent der Anteile. Weitere große Aktienpakete werden von institutionellen Anlegern, also Fondsgesellschaften und Banken gehalten.

Und welchen Einfluss hat die öffentliche Hand bei RWE?

Die kommunalen Anteilseigner haben zwar nicht mehr die Mehrheit an RWE, aber noch einen erheblichen Anteil. Früher hatten die Kommunen durch Mehrfachstimmrechte einen überproportionalen Einfluss auf Entscheidungen in den Aufsichtsgremien. Das ist aber vor Jahren abgeschafft worden.

Welche großen Anteilseigner gibt es noch?

Die RWE-Aktien sind relativ breit gestreut. Da ist wenig bekannt, man weiß allerdings, dass die Allianz und die Münchner Rück Aktienpakete halten.

Es wird spekuliert, dass RWE von Gazprom oder anderen Konzernen komplett übernommen werden könnte – ist das prinzipiell möglich?

Prinzipiell schon. Das setzt aber voraus, dass alle Anteilseigner bereit sind, zu verkaufen. Das hängt vom Preis ab, aber auch davon, welche Ziele die Aktionäre verfolgen. Bei den Kommunen muss man in dem Punkt unterscheiden. Von Düsseldorf etwa ist bekannt, dass die Stadt keine strategischen Ziele mit der Beteiligung verfolgt, bei anderen Kommunen sieht es anders aus. Essen zum Beispiel hat ein strategisches Interesse erkennen lassen.

Welche Interessen sind das?

Teilweise geht es den Städte sicher um die Ertragskraft für die kommunalen Finanzen: RWE ist einer der dividendenstärksten Konzerne im DAX. Dann gibt es aber auch die Hoffnung, durch die Beteiligungen Arbeitsplätze am eigenen Standort halten zu können oder sogar neue hinzu zu gewinnen. Aber auch allgemeine Ziele wie Versorgungssicherheit spielen eine Rolle.

Inwieweit unterscheidet sich RWE von anderen Energiekonzernen, was den öffentlichen Einfluss angeht?

Wenn man sich die vier großen Energiekonzerne in Deutschland anschaut, gibt es zwei Unternehmen, die fast komplett in Staatsbesitz sind. Bei Vattenfall Europe ist der alleinige Eigner Vattenfall, das wiederum dem schwedischen Staat gehört. Bei der EnBW hat der französische Energieversorger EDF fast die Hälfte der Anteile, und der ist überwiegend in Staatsbesitz. So gesehen haben wir als einziges Unternehmen mit relativ geringen staatlichen Einfluss Eon.

INTERVIEW: MANFRED GÖTZKE