Lüge für Millionen?

PLEITEBANK Neuer Verdacht im Hypo-Adria-Skandal: Täuschte die BayernLB die Regierung in Wien?

MÜNCHEN taz | Der Kauf des österreichischen Bankenkonzerns Hypo Alpe Adria (HGAA) durch die BayernLB gehört zu den kuriosesten Kapiteln der Finanzkrise. Unregelmäßigkeiten beim Kauf der Pleitebank beschäftigen bis heute die Gerichte: Das Landgericht Klagenfurt hat den ehemaligen Hypo-Vorstand Tilo Berlin im April wegen Untreue zu 26 Monaten Haft verurteilt. Das Landgericht München verhandelt wegen des Fehlkaufs gegen sechs ehemalige Vorstandsmitglieder der BayernLB. Und beide Banken fordern von ehemaligen Managern Schadenersatz.

Nun ist das Kapitel um ein brisantes Detail reicher: Laut Dokumenten, die der Wochenzeitung Zeit vorliegen, soll die BayernLB die österreichische Regierung belogen haben, um Staatsgelder zur Rettung der maroden HGAA zu bekommen. Auch die bayerische Landesregierung war demnach in den Vorgang verwickelt. Für die BayernLB war die HGAA im Jahr 2008 wegen Spekulationsverlusten zur Gefahr geworden. Im November 2008 soll der Verwaltungsrat der BayernLB daher über den Verkauf beraten haben. Die Zeit zitiert nun aus dem Protokoll der entscheidenden Sitzung. Vorstandschef Michael Kemmer habe demnach „die Gefahr, dass man sich aufgrund von EU-Auflagen von der Bank trennen müsse, als hoch eingeschätzt“. Kurz darauf verhandelte die HGAA mit der österreichischen Regierung über Staatshilfen, vor Jahresende erhielt sie tatsächlich 900 Millionen Euro. Nach Angaben hochrangiger österreichischer Finanzbeamter sollen die Vertreter der BayernLB damals versichert haben, langfristig mit der HGAA zu planen – ansonsten hätten die Österreicher ihren Geldbeutel nicht geöffnet. Im Verwaltungsrat der BayernLB saß auch der damalige bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon. Gegen den Schwindel hat er laut dem Artikel nichts unternommen. Den Vorwurf des Betrugs wies Fahrenschon, mittlerweile Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, am Donnerstag aber zurück. Der Vorwurf basiere auf „interessengeleiteten, fehlerhaften Interpretationen der damaligen Beratungen und Unterlagen“. Auch die BayernLB wehrte sich gegen die Vorwürfe. Ein Sprecher sagte, in der fraglichen Sitzung habe der Verwaltungsrat nicht den Verkauf der HGAA beschlossen, sondern nur deren Umstrukturierung. Das entscheidende Zitat aus dem Sitzungsprotokoll wollte die BayernLB allerdings nicht kommentieren. TOBIAS SCHULZE