Bröckelnde Allianz

Mehr als 1.000 Allianz-Beschäftigte streiken gegen Schließungspläne. Doch der Protest wird von Politik und Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Heute Kundgebung vor dem Landtag

VON HOLGER PAULER

Die Allianz-Beschäftigten fühlen sich in Stich gelassen. Auf ihren Streikaktionen in Dortmund und Köln forderten sie die Landesregierung gestern auf, Druck auf den Konzern auszuüben. „Teile der Belegschaft fühlen sich von der Politik vernachlässigt“, sagte der Dortmunder Verdi-Funktionär Roman Eberle. Während Ministerpräsident Jürgen Rüttgers angesichts der drohende Pleite des Handyproduzenten BenQ in Bocholt und Kamp-Lintfort den Arbeiterheld gegeben habe, halte er sich nun vornehm zurück. „Das sorgt für schlechte Stimmung“, sagt Gewerkschaftssekretär Eberle. Mehr als 1.000 Allianz-Beschäftigte in Köln und Dortmund seien in einen zweitägigen Streik getreten. „Die Niederlassung in Köln war menschenleer“, sagte Verdi-Sprecher Rainer Klein.

Der Allianz-Konzern will in der Versicherungssparte und bei der Finanztochter Dresdner Bank bundesweit rund 7.500 Stellen abbauen. Die NRW-Standorte Köln (1.800 Stellen), Dortmund (300) und Aachen (80) sollen geschlossen werden.

Für heute rufen die Gewerkschaften Verdi und IG Metall zu einer gemeinsamen Kundgebung vor dem Düsseldorfer Landtag auf. Die Beschäftigten von BenQ und Allianz wollen dort gemeinsam gegen die Schließungspläne demonstrieren. „Wir wollen die beiden Sparten zusammen bringen“, sagt Eberle. Die Bedeutung beider Unternehmen sei vergleichbar. „Sie standen über Jahrzehnte für Stabilität und Sicherheit.“

Auf der Kundgebung wird auch Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sprechen. Zum Inhalt seiner Rede wollte der Minister im Vorfeld keine Stellung nehmen. Seine Kabinettskollegin, Wirtschaftsministerin Christa Thoben hatte bereits Ende September angekündigt, dass die Landesregierung alles tun werde, um den „traditionsreichen Versicherungsstandort Köln zu stärken“. Bislang ohne Erfolg.

Die Allianz-Beschäftigten erwarten durch die Veranstaltung eine stärkere Präsenz in der Öffentlichkeit. „Der Kampf um die Allianz-Jobs dauert jetzt viereinhalb Monate – zu lang, um für Schlagzeilen zu sorgen“, glaubt Eberle. Ernsthafte Gespräche zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern habe es bislang nicht gegeben. Dennoch hofft Eberle auf ein Entgegenkommen der Konzernleitung: „Mit einem derartigen Widerstand hat sie nicht gerechnet.“

Die Opposition im Düsseldorfer Landtag wirft der Landeregierung vor, dass sie ihrer „sozialpolitischen Verantwortung“ nicht gerecht werde. „Die Politik muss Druck auf die Unternehmen ausüben“, sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Rainer Schmeltzer. Dies sei nicht der Fall. „Rüttgers & Co profilieren sich als Sozialtheoretiker.“ Gleichzeitig warf er dem Allianzkonzern vor, dass er angesichts von Milliardengewinnen „unverantwortlich“ handele. Allein in den Monaten Juli bis September erzielte Allianz einen Nettogewinn von 1,24 Milliarden Euro.