Minister Wolfs Abstieg in die Oberliga

NRW-Innenminister Wolf will die angeblich steigende Fangewalt in den Fußball-Oberligen Nordrhein und Westfalen bekämpfen. Doch die Verantwortlichen in der vierten Liga sehen keinen Handlungsbedarf: „Es läuft doch normal“

DÜSSELDORF taz ■ NRW-Innenminister Ingo Wolf ist in der Viertklassigkeit angekommen. Der FDP-Politiker will gegen die angeblich steigende Gewalt in der vierten Fußballklasse vorgehen – doch die Verantwortlichen in den Oberligen Nordrhein und Westfalen können mit der Initiative wenig anfangen. „Es läuft doch normal, darum sehe ich keinen Handlungsbedarf“, sagt Rolf Thiel, Staffelleiter der Nordrhein-Oberliga. Auch Westfalen-Ligachef Rainer Waltert wiegelt ab: „Wir sprechen von kleineren Vorfällen.“

Freidemokrat Wolf dagegen scheint alarmiert. „Wir gehen konsequent gegen die Krawallmacher vor, die Amateurfußballspiele als Kulisse für ihre Gewalttaten nutzen wollen“, sagte Wolf am Mittwoch nach einer Sitzung des „Nationalen Ausschusses für Sport und Sicherheit“ in Düsseldorf. „Die Sicherheitsstandards bei Risikospielen in der Oberliga müssen in Zukunft genauso hoch sein, wie es bei Spielen der Profiligen jetzt schon der Fall ist“, forderte er. In der Innenministerkonferenz am 17. November will Wolf dies vortragen. Nötig sei ein bundesweites „Lagebild zur Kriminalitätsentwicklung bei Oberligaspielen“.

Über die angebliche „Gewalt“ auf den Oberliga-Plätzen herrscht offenbar Unkenntnis bei den Behörden. „Die Vorkommnisse aus den unteren Ligen werden bei uns nicht systematisch erfasst“, sagt ein Sprecher des Landeskriminalamts (LKA) in Düsseldorf. Die beim LKA angesiedelte, bundesweite „Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze“ (ZIS) erfasse schwerpunktmäßig „Gewalttäter“ aus den Profiligen. Ob auch „Sachverhalte aus den Oberligen erfasst werden müssen, prüfen derzeit die Fachleute“, sagt ein Sprecher von Minister Wolf.

Die Oberligaspiele von Vereinen wie Bocholt, Düren oder Lippstadt sehen lediglich einige hundert Zuschauer. Nur Traditionsvereine wie Münster oder Oberhausen tragen ihre Viertligaspiele vor 2.000 bis 3.000 Besuchern aus. Dann kommt es auch schon mal zu Handgemengen und Scharmützeln – ähnlich wie unlängst in der Kreisklasse Siegen-Wittgenstein (taz berichtete). Bei einem Heimspiel von Turu Düsseldorf gegen Uerdingen gab es im August Ausschreitungen. Dabei biss ein Polizeihund einen Linienrichter.

Im September musste die Partie VfB Speldorf gegen Rot-Weiß Oberhausen unterbrochen werden. Bei Schlägereien im RWO-Fanblock wurden zwei Polizisten durch Faustschläge verletzt. „Das war ein misslicher Vorfall, der allerdings auch vom unprofessionellen Ordnerdienst mitverursacht wurde“, sagt Thorsten Binder vom RWO-Vorstand. Wenn man für 1.500 mitgereiste Fans nur zwei Toiletten bereit halte, seien Aggressionen programmiert. „Bundesweite Stadionverbote für Gewalttäter unterstützen wir natürlich“, so Binder. Die „Einzelfälle“ in den NRW-Oberligen sollten aber nicht mit den schweren, teils rassistischen Krawallen bei einigen ostdeutschen Regionalligaclubs verwechselt werden. MARTIN TEIGELER