Journalisten als Kunden überwacht

DATENSCHUTZ Die Telekom missbrauchte ihre eigene Stellung als Provider, nicht aber als Arbeitgeberin

Künftig genügt ein konkreter Anlass, um die Daten ganzer Abteilungen zu durchleuchten

FREIBURG taz | Das Urteil gegen den ehemaligen Telekom-Sicherheitsschef Klaus T. betrifft nicht den Arbeitnehmerdatenschutz. Denn T. wurde nicht verurteilt, weil er Möglichkeit der Telekom als Arbeitgeberin zur Überwachung der betrieblichen Anschlüsse ihrer Beschäftigten nutzte. Vielmehr missbrauchte T. die Rolle der Telekom als Provider, die auch Journalisten, Gewerkschafter und sonstigen Aufsichtsratsmitglieder als Kunden mit Telefonanschlüssen versorgt.

T. hat bei Speicherung und Auswertung der Verbindungsdaten von Telekom-Kunden das Fernmeldegeheimnis verletzt. Zum Fernmeldegeheimnis gehört auch, wer wen wann angerufen hat. Diese Straftat können nur Mitarbeiter von Telekomfirmen und deren Aufsichtsbehörden begehen. Es droht jeweils eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren (Paragraf 206 Strafgesetzbuch). Der Fall ist also noch deutlich schlimmer, als wenn ein Arbeitgeber systematisch die dienstlichen Telefonate oder Mails seiner Mitarbeiter auswertet.

So hatte die Bahn AG ab Frühjahr 2005 flächendeckend versucht zu erkennen, wer Mails an unerwünschte Kontakte in Politik, Wissenschaft und Medien geschickt hatte. Dies war ein Verstoß gegen den Beschäftigten-Datenschutz, weil die Durchleuchtung fast aller Bahnbeschäftigten sicher unverhältnismäßig war.

Bei solchen Ordnungswidrigkeiten drohte nach dem Bundesdatenschutzgesetz aber nur eine Geldbuße von bis zu 250.000 Euro. Im August vorigen Jahres verschärfte der Bundestag unter dem Eindruck der Datenskandale die Regelung. Seitdem darf ein Betrieb die Daten eines Beschäftigen nur noch dann zur Aufdeckung von Straftaten nutzen, wenn schon ein konkreter Verdacht vorliegt. Ein Datenabgleich bei unverdächtigen Mitarbeitern war damit eindeutig illegal.

Im jetzt geplanten Regierungsentwurf soll dieses Verbot wieder gelockert werden. Nun genügt ein konkreter Anlass, um die Daten ganzer Abteilungen zu durchleuchten. Damit darf der Arbeitergeber nicht nur die Korruption bekämpfen, vielmehr kann ein Betrieb so auch „schwerwiegende Pflichtverletzungen“ aufdecken, wie etwa die Weitergabe von Betriebsgeheimnissen an die Presse.

Dem Bundesrat geht das zu weit. In einer Stellungnahme von Anfang November forderte die Länderkammer, das Screening von Beschäftigtendaten auf die Aufdeckung erheblicher Straftaten zu beschränken. Zur Verhinderung und Ahndung bloßer Pflichtwidrigkeiten soll die Durchleuchtung nicht dienen dürfen.

Dies würde auch Presseinformanten zugute kommen.

CHRISTIAN RATH