Im Namen der Ehre

Mit Karten und Veranstaltungen gehen Land und Migrantenverbände gegen Ehrenmorde vor

Knackig sind die Slogans auf den Postkarten der Aktion gegen Gewalt im Namen der Ehre nicht. Das gibt Integrationsminister Armin Laschet (CDU) zu. „Eine Werbeagentur hätte sicherlich knalliger formuliert.“ Aber Laschet will mit der gestern vorgestellten Kampagne von Ministerium und Migrationsvereinigungen auch keine Klischees bedienen: Es gehe vielmehr darum das „Empfinden derjenigen zu erreichen, die unsere Aktion ansprechen soll“.

So sind es keine Models, die auf den Postkarten zu sehen sind, sondern zugewanderte Eltern und Kinder. Und die aufgedruckten Zitate sind von ihnen – nicht von Werbestrategen. „Deine Schwester ist ein korrektes Mädchen mit eigener Meinung. Akzeptier‘ das!“, sagt etwa ein türkischer Junge auf einer der Karten zu seinem Kumpel. Und der gibt ihm auf einer anderen Karte Recht: „Auf sie aufpassen heißt nicht, sie einzusperren.“Genau das passiert Frauen aus zugewanderten Familien in Deutschland aber viel zu häufig, sagt Gülseren Celebi von der Bochumer Migranten-Vereinigung IFAK. Frauen werden im Namen der Familien-Ehre eingesperrt, geschlagen und sogar getötet. „Gewalt im Namen der Ehre ist keine exotische Geschichte aus Fernasien oder dem Nahen Osten – das ist auch nordrhein-westfälische Geschichte“, sagt Celebi. Von 1996 bis 2005 ist in Deutschland in 55 Fällen „Blut für die Ehre“ geflossen. Vier dieser Fälle von schwerster Körperverletzung oder Mord spielten sich nach Ministeriums-Angaben in NRW ab. Einen Türken, dem vorgeworfen worden war, am Sylvesterabend in Iserlohn die ehemalige Lebensgefährtin seines Bruders und deren neuen Freund auf der Straße mit Kopfschüssen getötet zu haben, sprach das Hagener Landgericht gestern wegen Mangel an Beweisen aber frei.

Die meisten Fälle von Gewalt im Namen der Ehre bleiben im Verborgenen, sagte Laschet. Wie viele Frauen gegen ihren Willen verheiratet werden, ist nicht bekannt. „Viele haben keinen Mut zur Anzeige“, sagt Celebi. Das soll die Kampagne mit Karten und Infoveranstaltungen ändern.

KATHARINA HEIMEIER