Das Leben fest im Blick behalten

Wer kalkuliert, wie viel für die private Altersvorsorge zurückgelegt werden kann, sollte unvorhergesehene Fälle in seiner Rechnung berücksichtigen

VON KLAUS LEONARD

„Die Rente ist sicher“ – dieser Ausspruch des ehemaligen Bundesarbeitsministers Norbert Blüm stammt nicht nur aus einer vergangenen Epoche. Er hat sich auch als falsch erwiesen. Heute wird mündigen Bürgern die private Altersvorsorge ans Herz gelegt. Die staatlichen Kassen werden es für die meisten nicht mehr richten. Aber in Zeiten, wo nicht nur dem Staat das Geld ausgeht, sondern auch immer mehr Bundesbürger sparen müssen, bleibt nicht viel, was fürs Alter zurückgelegt werden kann. „Immer mehr Menschen kommen in unsere Beratung“, berichtet Andreas Droz von der Berliner Verbraucherzentrale, um sich zum Thema Versicherungen und Rente unabhängig informieren zu lassen.

Noch bevor es daran geht, sich in der unübersichtlichen Auswahl von Anlagevarianten und Einzelprodukten zu orientieren, sollten einige grundsätzliche Fragen geklärt werden. „Altersvorsorge ist wichtig, aber es gibt Wichtigeres!“ Dieser überraschende Satz findet sich in einem Ratgeber der Stiftung Warentest zur Altersvorsorge. Wer sich eine berufliche Existenz aufbaut oder eine Familie gründet, braucht sein knapp bemessenes Geld zunächst für anderes. Sich vor Risiken abzusichern und die Liquidität nicht zu gefährden, geht vor. Nicht nur die üblichen Lebenshaltungskosten sollten dabei beachtet werden. Wer knietief im Dispo steht oder anderweitig Schulden abbezahlt, sollte zuerst diese Verpflichtungen vom Hals bekommen. Sich solche Zinskosten zu ersparen, spart mehr Geld als jede Geldanlage – und das auch noch steuerfrei. Aber es müssen ja noch nicht einmal Schulden sein: Auch einmalige, ungeplante Ausgaben können zum Problem werden, wenn das gesamte verfügbare Geld in die Altersvorsorge fließt. Geht zum Beispiel die Waschmaschine kaputt oder fällt eine Autoreparatur an, sollte ein Teil der Rücklagen kurzfristig zur Verfügung stehen. „Ein Betrag von zwei bis drei Monatsgehältern dürfte im Normalfall ausreichen“, rät die Stiftung Warentest. Dabei lohne ein Blick auf die Verzinsung: „Vergleichbar sichere und liquide Anlageformen wie Tagesgeldkonten und Geldmarktfonds bieten deutlich bessere Zinserträge als das normale Sparbuch oder das Girokonto.“

Auch die Erwerbsunfähigkeit stellt ein Risiko dar, das beachtet werden sollte. Rund 25 Prozent aller Arbeitnehmer werden irgendwann berufsunfähig – und das zieht häufig einen tiefen finanziellen Sturz nach sich. Die klassische Berufsunfähigkeitsversicherung kann mit einer Kapitallebensversicherung, einer privaten Rentenversicherung oder einer Risikolebensversicherung gekoppelt werden. Stiftung Warentest empfiehlt die Kombination mit Letzterer, warnt aber auch: „Die Auswahl ist nicht ganz einfach.“ Ein Prämienvergleich reiche nicht aus, da in den Verträgen erhebliche Unterschiede schlummerten. Ohne vorhergehende, unabhängige Beratung sollte nichts unterzeichnet werden. Vor allem junge Familien sollten den Abschluss einer Risikovorsorge in Erwägung ziehen. Im Todesfall erspart dies den Hinterbliebenen meist herbe finanzielle Folgen. Erst wenn diese Faktoren – und die damit verbundenen Kosten – berücksichtigt wurden, lässt sich kalkulieren, wie viel Geld monatlich für die Altersvorsorge erübrigt werden kann. Zur Not muss es dann ein bisschen weniger sein.