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Thema der Woche

Die von Wikileaks veröffentlichten Dokumente

Ein paar Politiker heulen

■ betr.: „Die verstummte Welt“, taz.de vom 29. 11. 10

Ach, na ja. Ich seh das Ganze nicht so kritisch.

Ein paar Politiker heulen, weil sie der Scheinheiligkeit überführt wurden. Na und? Wird der Iran deshalb Saudi-Arabien angreifen? Oder Ägypten? Vermutlich nicht. Und was heißt: Es wäre kein internationales, innerdeutsches, blablabla, Abkommen zustande gekommen ohne die Vertraulichkeit, blablabla … Dazu fällt mir nur ein: Schade, dass es Wikileaks nicht schon viel länger gibt. Viele Mauscheleien und viel Gegeneinander-Ausspielen wären nicht möglich gewesen. Insgesamt wird es durch Wikileaks sehr viel schwerer, seine Großmachtinteressen auszuleben.

Dass das der neuen deutschen Außenpolitik, die derzeit von unkreativen, schrägen, eitlen Fatzken geleitet wird, nicht passt, ist verständlich. Träumten die Jungs und Mädels doch davon, gerade wieder die ganz große deutsche Weltpolitik zu etablieren. So mit Neokolonialismus und so.

MAT, taz.de

Demokratie ade

■ betr.: „Amazon sperrt Wikileaks den Server“, taz.de vom 2. 12. 10

Demokratie auf der ganzen Welt ade. Die USA als angeblicher Vorreiter in Sachen Freiheit und Meinungsfreiheit. Immer die Ersten, die schreien, wenn China oder andere so etwas machen.

Haben die also Amazon jetzt so unter Druck gesetzt oder korrumpiert, dass die das mitmachen! Wenn wir alle jetzt nicht mehr mit Amazon arbeiten, wird das vielleicht etwas ändern. Die Macht hat das Volk, wenn es an einem Strang zieht und sich nicht ganze Gruppen der Bevölkerung aus ihrer Spießigkeit und Dummgläubigkeit heraus von den Großen an der Nase herumführen lassen. Glaubt doch den Medien nicht, die sind nur noch Propagandainstitute der Amis und deren Großkonzerne. Unsere Politiker machen da sowieso nichts. Das sind ja nur Lakaien ohne eigenen Willen.

Als ich gestern den Plasberg gesehen hab, hätte ich „kotzen“ können.

EU-GEGNER, taz.de

Der Staat ist kein Selbstzweck

■ betr.: „Die verstummte Welt“, taz.de vom 29. 11. 10

Was ist bloß aus der taz und ihrem kritischen Politikjournalismus geworden? Der Staat ist doch kein Selbstzweck, sondern muss sich täglich neu begründen. Wir Bürger haben die Macht nur legislatur-periodenweise an einzelne Akteure abgegeben und sind daher berechtigt, Rechenschaft über deren Umgang mit der „Macht“ fordern zu können. Was soll aus dieser Demokratie denn einmal werden, wenn der einfache Bürger gläsern, aber das Vertretergremium unantastbar wird? Des Bürgers Meinung wird manipulativ gebildet und die Wahrheit unter Verschluss gehalten. Widersprüche, die aber nicht zu Widerspruch führen. NASEWEIS, taz.de

Jetzt ist das Geschrei groß

■ betr.: „Mecker vom Meister“, taz.de vom 29. 11. 10

Erst haben die Damen und Herren Politiker eine CD mit Steuerdaten „gekauft“, die aus zweifelhafter Quelle stammte, und alles ist gut. Nun werden sie selbst entlarvt, mit den Kabeldepeschen, die einfach aus dem Internet öffentlich gemacht wurden, und schon ist das Geschrei groß. Zumindest weiß nun die Öffentlichkeit, wer alles wen bescheißt und wie.

Die Herren und Damen Schmierlavier werden als das gezeigt, was sie sind, nicht mehr und nicht weniger.

MAJO, taz.de

Es geht um Machterhalt

■ betr.: „Mecker vom Meister“, taz.de vom 29. 11. 10

Ähnlich äußerte sich Herr Niebel bei Anne Will gegenüber dem Blogger Lobo. Er solle froh sein, in einer Demokratie zu leben, da in anderen Ländern so was nicht möglich gewesen wäre. Hier sieht man das Demokratieverständnis einzelner Politiker zu diesem Thema. Ja, richtig ist, es geht um Machterhalt und man möchte sich nicht in die Karten schauen lassen. Und das Volk weiter im Unklaren über Ihre Ziele lassen. Ähnlich wie bei den Treffen der Bilderberger, wo langfristig über das Schicksal der Völker entschieden wird. Demokratie sieht anders aus.

VON DRDRE, taz.de

Die Angelegenheit ist peinlich

■ betr.: „Sternstunde der Diplomatie“, taz vom 30. 11. 10

Wo liegt der Nutzen für die Öffentlichkeit, wenn man die – zugegeben wenig schmeichelhaften – Einschätzungen der verschiedenen Politiker durch amerikanische Diplomaten kennt.

Bestimmt existieren in jedem Land solche Dossiers, die nicht das widerspiegeln, was bei öffentlichen Anlässen gesagt wird. Nicht jede Gratulation zu einem Wahlerfolg drückt das aus, was der Gratulant denkt. Wie wurde wohl George Walker Bush in geheimen Dokumenten charakterisiert und betitelt? Dies sollten sich die geschmähten Politiker vor Augen halten und überlegen, welche Äußerungen sie selbst über andere getan haben, die sie nicht in einer Zeitung gedruckt sehen wollten.

Diplomaten sind auch nur Menschen! Wie geht es im Familien- und Berufsleben zu. Wenn sich jeder in Erinnerung ruft, was er über Freunde, Partner, Geschwister, Kollegen und Chefs schon einmal geäußert hat und sich vorstellt, diese Äußerungen gelangten den Betreffenden zur Kenntnis, wird deutlich, dass die Angelegenheit vor allem peinlich ist und die Klatsch- und Tratschsucht befriedigt.

EVA MEISBERGER, Völklingen

Nicht weiter so, Wikileaks

■ betr.: „Diplomatie ist nicht unser Job“, taz vom 30. 11. 10

Ines Pohl liegt voll daneben.

Wikileaks hat mit Journalismus nichts zu tun, sondern ist eine verbrecherische Organisation, die mit vertraulichen und geheimen Daten handelt. Das ist das Gegenteil von verantwortlichem, investigativem Journalismus.

Anders als zum Beispiel beim Watergate-Skandal liegt an diesen „Veröffentlichungen“ kein bürgerliches Interesse vor.

Der Presse ist kein Vorwurf zu machen, was auf dem Markt ist und auflagensteigernd wirkt, wird gedruckt, leider. So sind nun mal die Gesetze des Marktes. Aber die Verantwortlichen von Wikileaks gehören verhaftet und vor Gericht gestellt. Ihr Treiben wird Menschen das Leben kosten.

Auch sollten wir uns keine Illusionen machen: Wenn die Staaten nichts mehr vertraulich halten können, gilt das für uns Privatpersonen erst recht.

Wenn es passt, können wir unseren Kontostand, unsere Krankenakten, unsere Vorlieben und Laster sowie unsere Eintragungen in der Personalakte in der Presse lesen.

Also: Nicht weiter so, Wikileaks.

DIETRICH EINERT, Düsseldorf

Kungelei ist undemokratisch

■ betr.: „Die verstummte Welt“, taz vom 30. 11. 10

Die Übersetzung von Demokratie ist „Herrschaft des Volkes“. Wenn dieses Volk seine Souveränität an politische Akteure delegiert, so bleibt es dennoch selbst der Hauptakteur. Die Rechenschaftspflicht jeglicher Akteure ist zwingend für demokratische Verhältnisse. Wenn die gegenwärtigen „repräsentativen DemokratInnen“ eine andere Praxis aus dem Grundgesetz ablesen, so ändert das nichts an diesem Faktum – auch die Alltagserfahrung von JournalistInnen, die unter Umständen ihre Quellen verloren, wenn sie etwas ausplauderten, was der Öffentlichkeit vorenthalten werden sollte, ändert nichts daran, dass die billigende Berücksichtigung von Gemauschel und Kungelei keinesfalls staatstragend, sondern von der Tendenz her verfassungsfeindlich, weil undemokratisch ist. Der Hinweis auf die Geheimdiplomatie während des Kalten Krieges kann ich entweder nur als Hohn oder als sehr unreflektierten Kurzschluss annehmen: den Kalten Krieg konnte es doch nur geben, weil damals alle Seiten jegliche demokratischen Grundsätze ignorierten und reine kapitalistische Klientel- und Lobby-Ideologien und Politikmodelle den Ausschlag vor dem Friedens- und Lebensbedürfnis der Nachkriegsgenerationen hatten. Mit undemokratischen Maßstäben und Mitteln wird Demokratie nicht ermöglicht, sondern vernichtet. PETER KOLDITZ, Marburg

Dienen die von Wikileaks gemachten Enthüllungen der Demokratie, oder ist alles nur Klatsch und Tratsch? Die einen, vor allem PolitikerInnen, halten die Veröffentlichungen für schädlich bis kriminell; andere finden – je mehr Details, die über Klatsch und Tratsch hinausgehen, veröffentlicht werden –, dass Wikileaks den Medien und damit dem interessierten Publikum wichtige Informationen zur Verfügung gestellt hat.

Wohl auf politischen Druck hin hat der US-Server von Amazon Wikileaks die Dienste verweigert. Im Internet wurde deshalb zum Boykott von Amazon aufgerufen, die Wikileaks-Texte wurden anderswo veröffentlicht. Wir drucken auf dieser Seite einen kleinen Teil der über 1.000 taz.de-Kommentare und in der LeserInnenbriefredaktion eingegangenen Zuschriften.

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