portrait
: Sonnyboy mit sicherem Machtinstinkt

„Informierte Kreise“ wollen es schon seit ein paar Tagen gewusst haben: Die Hauptaktionäre der Telekom, der Finanzinvestor Blackstone und der Bund, drängen auf die Absetzung von Konzernchef Kai-Uwe Ricke. Und sie wussten auch schon, wer ihm folgen sollte: René Obermann, bisher Chef der Telekomtochter T-Mobile.

Von dem 43-jährigen Thronfolger dürfte der Aufstand gegen Ricke nicht ausgegangen sein. Er galt stets als Vertrauter Rickes, war von ihm auch zur Telekom geholt worden und stellte sich im Verlauf der Machtkämpfe der jüngsten Zeit fest an Rickes Seite. Ergebnis: Das Duo setzte sich durch. Obermann übernahm die Verantwortung für den Gesamtvertrieb in Deutschland.

Überhaupt scheint Obermanns Macht wie von selbst zu wachsen. Als er 2002 Ricke als Chef von T-Mobile beerbte, da wurde die Mobilfunktochter umstrukturiert und mehr Verantwortung beim Vorstand gebündelt, also bei Obermann. Der gelernte Industriekaufmann hat fast sein gesamtes Berufsleben im Mobilfunk verbracht. Gleich nach seiner Ausbildung bei BMW gründete Mitte der 80er-Jahre ein Handelsunternehmen für Anrufbeantworter und Autotelefone, das bald zum Mobilfunkanbieter avancierte. ABC Rufsysteme lief so gut, dass er dafür das Volkswirtschaftsstudium sausen ließ. 1991 stieg Hutchison Whampoa, ein Industriegigant aus Hongkong, in Obermanns Firma ein. Der blieb Geschäftsführer, bis er 1998 direkt zu T-Mobile wechselte. Dort legte er eine schnelle Karriere hin vom Geschäftsführer Vertrieb über den Vorsitz der Geschäftsführung in den Vorstand.

Die Hoffnung des Telekom-Aufsichtsrats konzentriert sich nun nicht zufällig auf Obermann als neuen Konzernchef. Der jungenhafte und oft lächelnde Manager hatte es geschafft, aus der kleinen Mobilfunksparte der großen Telekom das Herzstück des Konzerns zu machen: Mit seinem Umsatz hat T-Mobile die Festnetzsparte T-Com inzwischen überholt. Dass die Telekom-Aktie nicht noch tiefer abgestürzt ist, dürfte in erster Linie an T-Mobile liegen. Gewöhnt an hohe Wachstumsraten, war der einzige Gegenwind, den Obermann über lange Zeit verspürte, der gegen sein geringes Alter. Damit konnte der verheiratete Vater von zwei Kindern umgehen, mit Disziplin und im Notfall Härte. Er sei kein Autokrat, doch er wisse sich durchzusetzen, so beschreibt er sich selbst. Inzwischen musste er aber auch lernen, sich in einem härteren Umfeld durchzusetzen. Die Fähigkeit wird er brauchen, denn als Ricke-Vertrauter wird er skeptisch beobachtet. Noch muss er beweisen, dass er genügend frische Ideen mitbringt, um die Telekom aus der Krise zu führen. NICOLA LIEBERT