Die Gruppe Boko Haram veröffentlicht ein Video

NIGERIA Islamisten wollen entführte Schülerinnen gegen inhaftierte Terroristen tauschen

AUS ABUJA KATRIN GÄNSLER

Verschleiert sitzen sie da, hocken eng nebeneinander und wiederholen Verse aus dem Koran: die Mädchen von Chibok. Das zeigt ein am Montag veröffentlichtes Video der islamistischen Gruppierung Boko Haram. Deren Chef, Abubakar Shekau, droht damit der nigerianischen Regierung. Für die Schülerinnen will er die Freilassung aller in Haft sitzender Boko-Haram-Kämpfer. Falls nicht, dann würden sie zum Übertritt zum Islam gezwungen.

Es klingt brutal und beängstigend – aber trotz alledem weniger drastisch als noch vor einer Woche. Damals drohte Shekau, die entführten Schülerinnen im Alter von 16 bis 18 Jahren versklaven und in die Nachbarländer verkaufen zu wollen. Das Video könnte nun ein erster Versuch sein, um mit der nigerianischen Regierung zu verhandeln und somit möglicherweise auch die Mädchen zu retten.

Nigerias Gerüchteküche hat selten so gebrodelt wie jetzt. Bereits Ende vergangener Woche hatte es in Abuja Gerüchte über mögliche Gesprächsangebote gegeben. Reuben Abati, Sprecher von Präsident Goodluck Jonathan, hatte dies jedoch dementiert. Das war auch lange Zeit die Linie der Regierung gewesen.

Der Präsident hatte stets betont, mit einer Gruppe wie Boko Haram dürfe nicht verhandelt werden. Gleichzeitig stimmte er vor knapp einem Jahr der Gründung eines sogenannten Amnestie-Komitees zu. Dessen Arbeit galt jedoch als erfolglos. Bei der Vorstellung des Berichts im November hieß es schließlich, man sei nicht einmal an die Führer der Gruppe herangekommen.

Auch Boko Haram hatte im Gegenzug Verhandlungen abgelehnt – auch als die Situation noch längst nicht so zugespitzt war. Doch mittlerweile dürfte ihre Verhandlungsposition besser denn je sein.

Die Frustration in Nigeria wächst weiter wie auch der Druck auf die Regierung, die Mädchen endlich wohlbehalten zu ihren Familien zurückzubringen. Seit vier Wochen sind die Schülerinnen in den Händen der Terroristen. Die Regierung wirkte in dieser Zeit untätig, anfangs fast desinteressiert.

Jetzt dürfte auch der Druck seitens der Christlichen Vereinigung Nigerias (CAN) wachsen. Der Dachverband der Kirchen hatte vor gut einer Woche eine Liste mit den Namen der Schülerinnen veröffentlicht und betont, dass die Mehrheit dem Christentum angehöre. Das Echo war jedoch verhalten. Vielen Nigerianern ist es egal, welchem Glauben die entführten Mädchen angehören. Sie sollen nur lebend zurückkehren.