Heidelberg wird nicht grün

Die Universitätsstadt lässt grüne Professorin Caja Thimm links liegen. Parteiloser holt Rathaus, weil Sozialdemokraten die Grüne nur halbherzig stützen

HEIDELBERG taz ■ Am Ende fehlten knapp 4.000 Stimmen. Mit der Wahl des parteilosen Eckart Würzner zum Heidelberger Oberbürgermeister ist klar: Die grüne Welle in Baden-Württembergs Städten ist zunächst einmal gestoppt. Nach den spektakulären Erfolgen grüner Kandidaten in Freiburg und Tübingen scheiterte die Heidelberger Professorin Caja Thimm.

Bleibt die Frage: Warum hat es nicht für den ganz großen Erfolg gereicht? Schließlich gab es seit 1986 keine bürgerliche Mehrheit mehr in der malerischen Stadt am Neckar. Die Bevölkerung der weltbekannten Universitätsstadt ist wohlhabend, die Arbeitslosenquote gering – links wählen gehörte hier bislang zum guten Ton.

Beim ersten Wahlgang straften die Bürger den neuen Kandidaten der Sozialdemokraten, Jürgen Dieter, mit 12,8 Prozent ab. Ein Erdrutsch. Erst nach einigem Hin und Her konnte sich die SPD dann dazu durchringen, die grüne Thimm zu unterstützen. „Die SPD war das Zünglein an der Waage“, hieß es auch bei der abendlichen Wahlparty der Grünen im Heidelberger Stadtgarten. Dort war man wechselweise enttäuscht von der schleppenden Motivation und fassungslos über den katastrophalen Zustand der Sozialdemokraten. In Freiburg etwa hatte SPD-Mann Bernhard Zepter noch am Abend des ersten Wahlgangs zur Unterstützung seines grünen Konkurrenten Salomon im zweiten Durchgang aufgerufen. Von dieser Energie war an der Neckarmetropole nichts zu spüren. Abzulesen ist die Mobilisierungsschwäche der SPD an der Wahlbeteiligung, die mit 45,2 Prozent den niedrigsten Stand der Nachkriegsgeschichte erreicht hat. Die ablehnende Stimmung gegenüber der Politik aber nur auf die Genossen zu schieben wäre zu einfach. Selbst Thimm gab nach Bekanntgabe des Ergebnisses zu: „Wähler gehen dann zur Wahl, wenn sie glauben, dass dort etwas Wichtiges für sie entschieden wird.“

In Heidelberg, schien es, waren die Unterschiede zwischen den beiden Alternativen nicht deutlich genug erkennbar, um ein großes Wählerinteresse zu erzeugen. Das Topthema „Bezahlbares Wohnen für Familien“ beispielsweise – wegen der enormen Mietpreise ein Dauerbrenner – wurde von beiden Lagern gleichermaßen besetzt.

Die grüne Umwelt-Kompetenz verblasste angesichts der Tatsache, dass der neue Oberbürgermeister bislang ohne Patzer das Heidelberger Umweltamt leitete. Derart ausgestattet, wilderte Eckart Würzner im Revier der Linken. Dennoch: Die grüne Welle ist aber nicht gänzlich tot. Denn wegen der akuten Verkehrsüberlastung der Stadt hat Würzner im Wahlkampf angekündigt, sich als Erstes um einen besseren Verkehrsfluss zu kümmern. JOCHEN SCHÖNMANN