Noch mehr schlechtes Fleisch in Bayern

Eine Tonne grün schimmernde Fleischware in Aschaffenburg entdeckt. Opposition fordert Rücktritt von Umweltminister Schnappauf. Neuerlicher Fund von Gammelfleisch in München soll zu neuer Struktur bei der städtischen Fleischaufsicht führen

AUS MÜNCHEN MAX HÄGLER

Der Gammelstaat Bayern macht seinem Namen weiter alle Ehre. Schon wieder haben Ermittler im Freistaat altes Fleisch entdeckt. In einem türkischen Supermarkt in Aschaffenburg fanden sie bei einer Routinekontrolle am vergangen Mittwoch über eine Tonne grün verfärbtes Fleisch von Lamm, Rind und Huhn. Das teilte die Stadtverwaltung am Montagabend mit. Dem Betreiber soll nun der Handel mit Lebensmitteln gänzlich untersagt werden.

Auch in der Landeshauptstadt München ermitteln seit Ende letzter Woche Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft in einem neuen Fall. Auf dem Münchener Schlachthof war zuvor ein bislang unbekannter Kühlraum entdeckt worden – darin fünf Tonnen teilweise vergammeltes Fleisch. Für die Opposition im Bayerischen Landtag sind die neuen Funde ein unglaublicher Zustand. „So etwas gab es in Bayern wohl noch nie“, bilanzierte SPD-Umweltsprecher Ludwig Wörner gestern. Schuld an dem Gammel-Chaos sei der schlicht überforderte Umweltminister Werner Schnappauf (CSU). Wörner forderte den Minister auf, endlich zurückzutreten. Doch vorerst hält der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) an seinem Problemminister fest. „In der heutigen Kabinettssitzung gaben Stoiber und das ganze Kabinett dem Umweltminister ausdrücklich Rückendeckung“, sagte ein Sprecher der Staatskanzlei am Dienstag. Schnappauf hatte eine Reise zum Klimagipfel in Nairobi abgesagt, um vor seinen Regierungskollegen Rapport zu geben.

Grund genug hatte der bayerische Umweltminister: Beim neuerlichen Münchner Gammelfund gab es wieder mal Schlampereien in seinem Ministerium. Sein Haus hatte einen anonymen Hinweis auf eine geheime Lagerstätte ignoriert – mit der Begründung, dass man Hinweisen ohne Absender nicht nachgehe. Nur weil der Tipp ebenfalls bei einer Behörde der Stadt München eingegangen war, kamen die fünf Tonnen Gammelfleisch ans Tageslicht, die in einem Raum auf dem Münchner Schlachthof lagerten. Der Mieter und Fleischhändler war bislang durchaus angesehen und lieferte auch Ware zur Allianz Arena, dem neuen Großstadion am Rande Münchens. Den Behörden allerdings war der Betrieb bereits 2002 und 2005 wegen Hygieneverstößen aufgefallen.

Bislang sind in München drei unterschiedliche Institutionen für die Fleischkontrolle zuständig. Je nachdem, ob es sich um Erzeugnisse handelt oder weiter verarbeitete Produkte, ob es sich um einen EU-Betrieb handelt oder ein Unternehmen ohne spezielle Zulassung, überprüfen derzeit: das Ordnungsamt, das Kommunalreferat und die staatliche Veterinärbehörde. Es gibt „Amtstierärzte“ und „amtliche Tierärzte“ – und entsprechend ein großes Kommunikationschaos, wie die Verwaltung letzte Woche dem Münchner Stadtrat bestätigte. Als Konsequenz aus den Fleischskandalen soll die Arbeit der drei verstreuten Behörden ab Jahreswechsel bis 2008 schrittweise im Ordnungsamt gebündelt werden.