Revolution am Bankschalter bleibt aus

FRANKREICH Bankkonten am „Cash Day“ doch nicht geplündert. Aktion aber ein propagandistischer Erfolg

PARIS taz | Als Dalton-Brüder aus dem Comic „Lucky Luke“ in schwarz-gelb gestreiften Sträflingsanzügen verkleidet kamen vier Mitglieder der Organisation mit dem ironisch gemeinten Namen „Sauvons les Riches“ (Wir retten die Reichen) zum „Cash Day“ am 7. Dezember zu einer Pariser Bank, um dort ihr Geld abzuheben. Sie folgten damit dem Aufruf des Ex-Fußballprofis Eric Cantona, der in einem Interview die Idee dieser Revolution gegen die Banken „ohne Waffen und ohne Blutvergießen“ lanciert hatte. Er selber erschien am Nachmittag in einer Bank im nordfranzösischen Departement Somme, um den Höchstbetrag von 1.500 Euro abzuheben.

Unklar ist noch, wie viele seiner Anhänger wirklich ihr Konto geleert haben. Bei den Großbanken Société Générale und BNP-Paribas versicherte man uns, es seien „keine speziellen Vorkehrungen“ getroffen worden. Die Bargeldbezüge am Schalter seien ohnehin auf 1.500 begrenzt, und wer mehr abheben wolle, müsse das vorher anmelden. Vor keiner Zweigstelle standen die Kunden Schlange, um ihr Geld zurückzuverlangen.

Dennoch wäre es etwas leichtfertig, nun herablassend oder spöttisch den „Cash Day“ als „Nichtereignis“ abzustempeln. Denn erstens hat Cantona den Banken, die nach der schweren Krise zumeist mit einer provozierenden Arroganz zum „Business as usual“ mit den alten Gewohnheiten und Risiken zurückgekehrt sind, einen Schrecken eingejagt und ihre Imageprobleme deutlich gemacht. Zweitens war der Aufruf an die Bankkunden, an diesem Dienstag alle Geldeinlagen am Schalter zurückzuverlangen, um das System hochgehen zu lassen, ein enormer Publikumserfolg im Internet. Neben WikiLeaks war „Canto“ in den Medien seit Tagen das meistbeachtete Thema. Mehrere auf Facebook gebildete Netzwerkgruppen fanden rasch Zehntausende von Mitgliedern. Wie so manche davon fand Malika die Idee bestechend: „Ich wäre dafür – das Problem ist nur, dass ich schon pleite bin.“

Weit weniger lustig fanden das Ganze die Vertreter der Bankiervereinigung, die sich um ihr Image sorgen, und auch der französische Haushaltsminister François Baroin: „Das ist zum Lachen, wenn es nicht so tragisch wäre.“ Und der Vorsitzende der Euro-Gruppe, der Luxemburger Jean-Claude Juncker, warnte vor einer „völlig verantwortungslosen Aktion“. RUDOLF BALMER