Was darf die EU noch?

FRANKREICH Ein neues Dekret erlaubt „Wirtschafts-Patriotismus“

Frankreich behält sich im Fall von unerwünschten Übernahmeangeboten aus dem Ausland ein Recht zur Mitbestimmung und Einsprache vor, wenn nationale Interessen in wichtigen Wirtschaftszweigen betroffen sind. Ein solches „Vetorecht“ gab es seit 2005 schon, nur war es auf die Bereiche Sicherheit und Verteidigung beschränkt, jetzt wird es auf Energie- und Wasserversorgung, Transport, Gesundheit und elektronische Kommunikation ausgedehnt.

Regierungschef Manuel Valls scheint mit der Unterzeichnung, dem Drängen von Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg nachgegeben zu haben. „Wir haben uns für den Wirtschaftspatriotismus entschieden. Es handelt sich um Maßnahmen zum Schutz der strategischen Interessen Frankreichs und eine Rückeroberung der (staatlichen) Macht. Wir können künftig einen Verkauf blockieren oder Gegenleistungen verlangen“, so Montebourg in Le Monde. Dahinter lässt sich unschwer die Sorge um die Zukunft des Konzerns Alstom ausmachen, an dessen Energiebranche General Electric und Siemens interessiert wären.

Nirgends steht im Dekret, dass mit dieser Intervention speziell europäische Partnerschaften gefördert werden sollen. Allerdings dürften es die Regeln der Gemeinschaft Paris kaum erlauben, ein Angebot aus einem EU-Staat als „unerwünscht“ abzulehnen. Wenn also der französische Staat General Electric ausbremst, hat Siemens wieder alle Chancen bei Alstom.

Mehrfach hatte der Wirtschaftsminister sich gegen das Angebot von General Electric ausgesprochen. Das Dekret erlaubt es nun der Pariser Regierung zu intervenieren: „Alstom gehört wie andere Unternehmen zum Anwendungsbereich des Dekrets. Dieses verleiht uns eine Bewilligungsautorität, um unerwünschte Formen der Zerstückelung oder Risiken der Einstellung von Betrieben zu verhindern“, präzisiert Montebourg. RUDOLF BALMER