Veto gegen designierte AKW-Chefin

FREIE STELLE Weiteres Desaster für den Krümmel-Betreiber Vattenfall: Die schleswig-holsteinische Atomaufsicht lehnt die neue Reaktor-Leiterin ab. Sie hatte einen Praxistest vor Ort nicht bestanden

Vattenfall wollte den Meiler in Krümmel ursprünglich im Januar wieder anfahren

Sie sollte als erste Frau ein deutsches Atomkraftwerk leiten und als Chefin das ramponierte Image des Reaktors Krümmel bei Hamburg aufpolieren. Doch daraus wird nichts – zumindest vorerst. Die 56-jährige Ulrike Welte fiel bei der schleswig-holsteinischen Atomaufsicht durch. Nach einem Bericht der Lübecker Nachrichten versagte sie in der praktischen Abschlussprüfung: Bei einer Simulation auf dem Übungsleitstand des Atomkraftwerks sollte Welte den Reaktor in 30 bis 60 Minuten herunterfahren und in einen sicheren Zustand bringen. Sie habe diese Aufgabe auch nach zwei Stunden noch nicht bewältigt.

Die Prüfer der schleswig-holsteinischen Atomaufsicht hätten der gelernten Maschinenbauerin zudem erhebliche Mängel in der Kommunikation bescheinigt. Er werde der vom AKW-Betreiber Vattenfall beantragten Bestellung Weltes zur Kraftwerksleiterin in Krümmel derzeit nicht zustimmen, sagte am Donnerstag der für die Atomaufsicht zuständige Landesjustizminister Emil Schmalfuß (parteilos). Es sei ihr „bislang nicht gelungen, die fehlende praktische Erfahrung im Produktionsbereich hinreichend zu kompensieren“.

Vattenfall hatte Welte bereits im Herbst 2009 als künftige AKW-Leiterin vorgestellt. Das Kraftwerk Krümmel steht nach mehrmaligem Ausfall der Transformatoren und einem Brand auf dem Kraftwerksgelände seit Sommer 2007 mit einer kurzen Unterbrechung still.

In Interviews gab Welte sich handfest. Sie habe bereits als Kind gerne an Autos und Fernsehgeräten herumgeschraubt, erzählte sie. 1982 gehörte die gebürtige Itzehoerin bereits zum Team, das Krümmel in Betrieb nahm. „Ich mag Krümmel“, sagte die designierte AKW-Chefin vor einem Jahr. „Die Mannschaft ist supermotiviert, ein tolles Team, und die Anlage ist gut.“

Vattenfall wollte den Meiler in Krümmel ursprünglich im Januar wieder anfahren. Dieses Datum ist nun nicht mehr zu halten. „Wir haben seit über einem Jahr wiederholt deutlich gemacht, dass es Frau Welte noch an dieser Qualifikation für die Leitung eines Kernkraftwerks fehlt“, so Minister Schmalfuß. Es liege nun an Vattenfall, einen neuen Vorschlag zu machen. „Aus meiner Sicht darf das Kernkraftwerk Krümmel erst wieder ans Netz gehen, wenn es eine neue Leiterin oder einen neuen Leiter hat“, sagte der Minister.

Vattenfall bezeichnete das Antragsverfahren in einer dürren Mitteilung als „noch nicht abgeschlossen“. Das Unternehmen strebe „die Bestellung einer Anlagenleitung in vollständigem Einvernehmen mit der Aufsichtsbehörde an.“ REIMAR PAUL